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Bremer Kriminalstatistik: Grüne kritisieren „alljährliche Kaffeesatzleserei“

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Von: Thomas Kuzaj

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Zwei Männer, eine Statistik: Polizeipräsident Dirk Fasse (l.) und Innensenator Ulrich Mäurer.
Zwei Männer, eine Statistik: Polizeipräsident Dirk Fasse (l.) und Innensenator Ulrich Mäurer. © Kuzaj

Bremen – Innenstadtfrequenz, Touristenzahlen, Theaterbesuche – landet etwas wieder auf Vor-Corona-Niveau, gilt das normalerweise als gute Nachricht. Aber nicht immer. Denn auch die Kriminalität bewegt sich in Bremen wieder auf dem Vor-Pandemie-Level. Die Zahl der durch die Polizei abschließend bearbeiteten Straftaten ist im vergangenen Jahr im Land Bremen von 75.966 (2021) auf 79.713 gestiegen. Die Aufklärungsquote sank auf 45,5 Prozent. Das geht aus der Kriminalstatistik hervor, die Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Montag vorgelegt hat.

Ein exaktes Abbild der Kriminalität im Jahr 2022 liefert die Statistik aus verschiedenen Gründen allerdings nicht. Sie ist eben keine Tatzeitstatistik, sondern versammelt allein die erledigten Fälle. 27 Prozent der in der Statistik für 2022 erfassten Straftaten wurden bereits im Jahr 2021 oder früher verübt, so eine Sprecherin des Innenressorts. Hinzu kommt der mächtige Berg unerledigter Fälle, der die Polizei nach wie vor belastet: Tausende von 22er-Taten konnten nicht in der Statistik landen, weil die Bremer Polizei sich noch nicht um sie kümmern konnte. Wie berichtet, stapelten sich gegen Ende vorigen Jahres etwa 21.200 unbearbeitete Fälle – noch einmal knapp 4.000 mehr als 2021. Die Gesamtzahl stieg schließlich auf mehr als 22.000, so Polizeipräsident Dirk Fasse am Montag. „Viele Eingänge“ – sprich: mehr Kriminalität – und ein zeitweilig sehr hoher Krankenstand (von mitunter mehr als 20 Prozent) seien die Ursachen dafür gewesen. 50 Mitarbeiter wurden aus anderen Abteilungen abgezogen, um der Kripo beim Abbau des Aktenbergs zu helfen. „Wir knacken jetzt gerade die 20.000er-Marke“, so Fasse.

Mit Blick auf die Bürgerschaftswahl am 14. Mai macht der grüne Koalitionspartner dem SPD-Innensenator nun Druck. „Es kann nicht angehen, dass die Menschen Monate und Jahre warten müssen, bis ihre Strafanzeigen bearbeitet werden. Hier muss der Innensenator dringend besser werden“, kommentiert der innenpolitische Sprecher der Grünen, Mustafa Öztürk, im Ton eines Oppositionspolitikers. Und weiter: „Durch die Verzerrungen der Bearbeitungsrückstände ist die alljährliche Kaffeesatzleserei aus den Hellfeldzahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik noch weniger ergiebig als sonst.“

GdP: „Die Bremer Kriminalstatistik ist sehr ernüchternd“

Wenig Applaus für Mäurer auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): „Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist sehr ernüchternd. Die Anzahl der Taten steigen nach Corona wieder und die Aufklärungsquote sinkt. Hinzu kommt die sogenannte Halde, die auf einem Rekordhoch steht“, so Nils Winter, Landeschef der GdP.

Von einer „mehr als traurige Bilanz des Innensenators“ spricht Marco Lübke, innenpolitischer Sprecher der oppositionellen CDU-Fraktion. „Wir finden keinen Nachwuchs mehr, Aktenberge bleiben liegen und Schwerpunktmaßnahmen sind kaum noch möglich – mit dieser Arbeitsbelastung machen wir unsere Polizisten, die wir noch haben, auf Dauer buchstäblich kaputt.“

Raubdelikte und Diebstähle: Steigende Zahlen in Bremen

Zurück zur Statistik. Raubdelikte und Diebstahlszahlen steigen – Raub von 710 Fällen (2021) auf 844 Fälle (2022), Diebstahl von 22 299 Fällen im Jahr 2021 auf 26.503 Fälle im Jahr 2022 (alles Stadt Bremen). Besonders gern greifen die Täter nach EC-, Debit- und Kreditkarten. Diese Diebstähle wirkten sich auf Betrugsfälle unter Verwendung der gestohlenen Debit-Karten und Kreditkarten sowie Handys aus, die von 968 (in 2021) auf 2.136 Fälle im vergangenen Jahr stiegen.

„Der Innensenator hat der Kriminalität, gerade im Bereich der Internetkriminalität, zu dem auch der Großteil der Betrugsstraftaten gehört, nichts entgegenzusetzen“, so sieht es CDU-Mann Lübke, der sich um das Sicherheitsgefühl sorgt: „Raubstraftaten, die unter Zuhilfenahme von Waffen – wie beispielsweise Messern – verübt werden, sind für die Opfer in einem besonderen Maße traumatisierend.“ Und: „Es ist unabdingbar, die Polizeipräsenz an den Schwerpunkten, besonders in den Abend- und Nachtstunden, deutlich zu steigern.“

So ein Ort der Angst ist für viele Menschen – auch Umland-Pendler – der Bremer Hauptbahnhof. Polizeipräsident Dirk Fasse zählt unter anderem 3.000 Personenkontrollen, 600 Strafverfahren und 800 Platzverweise auf. Der Polizeipräsident sieht Verbesserungen am Bremer Hauptbahnhof: „Das Bild heute ist nicht mehr das, was es vor einem Jahr dort war.“

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