Bremen: Ekaterinas Mutter nimmt zum ersten Mal am Mordprozess teil

Zum ersten Mal im Zuge des Mordprozesses um den gewaltsamen Tod von Ekaterina aus Bremerhaven war ihre Mutter in der Verhandlung am Landgericht Bremen dabei. Zu ihrer Aussage kam es am Montag nicht mehr.
Bremen – Es sind mittlerweile mehr als 30 Verhandlungstage in diesem Prozess, und es sind immer noch nicht alle Fragen geklärt. Trotz der mehr als sechsstündigen Erklärung, die der Angeklagte zuletzt verlesen hatte. Am Montag folgten nun unzählige Fragen des Gerichts, des Staatsanwalts, der Anwälte – und die Antworten des Angeklagten.
Mordfall Ekaterina: Eine bizarre Konstellation im Gericht
Und zum ersten Mal im Gerichtssaal: die Mutter von Ekaterina, die ja auch Nebenklägerin in diesem Verfahren ist. Es ist eine bizarre Konstellation: Die Mutter des Opfers sitzt neben ihrem Anwalt im Schwurgerichtssaal des Bremer Landgerichts, der Angeklagte nimmt neben seinem Verteidiger Platz. Unter den Zuhörern, in einer der hinteren Reihen, sitzt – wie seit Wochen – die Mutter des Angeklagten, die vor Gericht im Laufe des Verfahrens erklärt hat, sie habe Ekaterina erwürgt und Stunden später zerstückelt.
In mehreren Interviews vor dem Gerichtsgebäude beklagt sich Svetlana Bolgova mit Hilfe einer Dolmetscherin darüber, dass sie ihre kleine Enkelin, also Ekaterinas Tochter, kaum sehen darf. Das Besuchsrecht sei eingeschränkt. Sie sei jetzt in Bremen, um das Umgangsrecht mit der Enkelin zu erstreiten – nicht, um dem Angeklagten beim Prozess in die Augen zu sehen, macht sie klar.
Walter B. (46) ist angeklagt, seine Frau Ekaterina (32) am 4. Februar 2022 mit einem Beruhigungsmittel sediert, sie erwürgt und ihre Leiche zerstückelt zu haben. Den in einem Reisekoffer verstauten Torso und die abgetrennten Körperteile soll er in einen Fluss geworfen haben. Knapp vier Wochen später wurde der Koffer mit den Leichenteilen der vermissten Frau in der Nähe des Bremerhavener „Sail-City“-Hotels angespült. Motiv soll die bevorstehende Trennung seiner Frau gewesen sein. Der Angeklagte, ein Kasache, soll befürchtet haben, sie werde mit der gemeinsamen Tochter zu ihrer Affäre, einem Piloten der russischen Luftwaffe, nach St. Petersburg ziehen.
Trotz des Geständnisses der Mutter ist diese auf freiem Fuß. Zu groß sind die Zweifel, dass die ältlich und gesundheitlich angeschlagene wirkende 66-Jährige körperlich in der Lage gewesen wäre, Ekaterina zu erwürgen und in die Garage zu transportieren. Näher liegt es da schon, dass sie es war, die ihre Schwiegertochter fachgerecht zerteilte, und zwar irgendwann in der Nacht. Laut ihrem Geständnis tat sie dies erst am Sonnabendnachmittag – obwohl nach Einschätzung eines Gutachters die Leichenstarre da längst eingetreten war.
Auf die Frage nach der Konstitution seiner Mutter zum Zeitpunkt der Tat erklärt der Angeklagte, sie heute kaum wiederzuerkennen. „Sie hatte damals keine Hüftschmerzen“, sagt er und berichtet von Fitness-Kursen und Saunabesuchen seiner Mutter, die auch viel mit Nordic-Walking-Stöcken unterwegs gewesen sei.
Auf die meisten Fragen hat Walter B. nachvollziehbare Antworten. Oder er erinnert sich nicht. Zur eigentlichen Tat oder zum Kerngeschehen des Nachttatverhaltens der Mutter kann der Sohn keine Aufklärung liefern. Er habe geschlafen, als seine Mutter Ekaterina getötet und in die Garage geschafft habe. Während sie die Leiche zerteilte, war ihr Sohn demnach mit seiner Tochter unterwegs Muscheln sammeln, hatte die Mutter vor Gericht ausgesagt. Seine Mutter habe ihm auch nicht erzählt, wie sie vorgegangen sei. „Wir haben nicht darüber gesprochen, es war sehr schmerzhaft.“ Er habe an diesem 5. Februar, einen Tag nach Ekaterinas Verschwinden, viel an seine Frau gedacht. Ob er denn, wenn er sich doch Sorgen gemacht hätte – weil er zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass seine Mutter sie getötet haben will –, versucht hätte, Ekaterina telefonisch zu erreichen, wird er gefragt. Die Antwort: „Nein.
Mordprozess: Angeklagter denkt nicht daran, die Polizei zu rufen
Als ihm seine Mutter den Sack mit den Leichenteilen zeigte, gab es keine Vorwürfe, keine Nachfragen. Und keinen Gedanken daran, die Polizei zu rufen. „Wenn sie gesagt hätte, ruf" die Polizei, hätte ich es getan“, sagt der 46 Jahre alte Sohn, „aber es war nicht meine Entscheidung.“ Stattdessen will er ihr bei dem Versuch, die Leiche verschwinden zu lassen, geholfen haben. „Das ist schwer zu greifen“, erklärt der Vorsitzende Richter.
Das gilt auch für die vielen Telefonate in der Tatnacht. Angeblich ging es dem Angeklagten schlecht, er klagte über Herzrasen, Kopfschmerz, Übelkeit. Statt einen Notarzt ruft er seine Mutter an. Das sei in ihrer Familie immer so gemacht worden, hatte Walter B. in seiner Erklärung ausgeführt.
Die Mutter habe ihn beruhigt. „Atme ruhig, trink Wasser, geh schlafen“, habe sie ihm geraten, auch beim zweiten Anruf. Noch in der Nacht fährt sie mit einem Taxi zum Haus des Sohnes. Da soll es dann zum verhängnisvollen Aufeinandertreffen mit der Schwiegertochter gekommen sein. - Der Prozess wird am 28. Februar fortgesetzt. Dann soll auch Ekaterinas Mutter vor Gericht aussagen.