Mit dem Bus nach Bordeaux: Klassenfahrten zu Corona-Zeiten

Nach einem Jahr Zwangspause haben Schulen wieder Klassenfahrten oder Skireisen geplant. Was wird nun daraus? Die Hürden bei der Organisation und die Unwägbarkeiten für Eltern sind enorm.
Wiesbaden/Frankfurt - Mehr als 1000 Kilometer liegen zwischen Frankfurt und Bordeaux. Stand jetzt müssen die Schüler der Musterschule die Strecke im nächsten Jahr mit dem Bus zurücklegen, während die französische Austausch-Klasse mit dem Flugzeug anreisen darf.
Grund ist der Erlass des Landes für Klassenfahrten - der noch andere Details enthält, die bei hessischen Eltern Schnappatmung auslösen.
Keiner weiß, wie die Pandemie sich weiter entwickelt. Das Problem für die Schulen ist: Geplant werden muss eben schon jetzt. „Die anhaltende Pandemiesituation stellt uns bezüglich der Durchführung vor besondere Herausforderungen“, heißt es in der „Ranzenpost“ der Musterschule.
Kleingedrucktes bereitet Eltern Kopfschmerzen
Der Erlass stammt schon vom September, eine neue Version ist laut Kultusministerium derzeit nicht geplant. Seit Beginn des laufenden Schuljahres gilt: „Ein- und mehrtägige Schulfahrten innerhalb Deutschlands und eintägige Fahrten ins Ausland dürfen grundsätzlich durchgeführt werden.“ Mehrtägige Schulfahrten ins Ausland sind ab dem zweiten Halbjahr wieder möglich.
Was Eltern alarmiert, ist das Kleingedruckte: „Im Falle einer PCR-bestätigten SARS-CoV-2 Infektion muss die betroffene Schülerin oder der betroffene Schüler die Fahrt abbrechen. Die Eltern minderjähriger Schülerinnen und Schüler verpflichten sich für diesen Fall, ihr Kind abzuholen.“
Die Kosten für die Reise plus eventuell ein Hotel zur Absonderung des Infizierten tragen die Eltern. „Dies muss vor der Schulfahrt von den Eltern schriftlich zugesagt werden.“
„Nicht im Sinne der Bildungsgerechtigkeit“
Der Landeselternbeirat kritisiert, dass das Kultusministerium alle Risiken auf die Eltern abwälzt. Klassenfahrten seien eine schulische Veranstaltung, „da kann sich das Ministerium nicht einfach einen schlanken Fuß machen“, sagt der Vorsitzende des Landeselternbeirats Hessen, Volkmar Heitmann aus Friedberg. Er sieht die Gefahr, dass Eltern ihre Kinder nicht mitfahren lassen, weil ihnen das Risiko zu hoch ist und „das ist natürlich nicht im Sinne der Bildungsgerechtigkeit“.
Weil nicht klar ist, wie sich die Corona-Lage entwickelt, hatte das Kultusministerium bereits in einem früheren Erlass vorgeschrieben, dass nur gebucht werden darf, was kostenfrei storniert werden kann. Dieser Passus gilt auch mit dem neuen Erlass weiter.
Das heißt, dass Flüge für weiter entfernte Ziele in der Regel ausscheiden, weil sie vor allem dann nicht stornierbar sind, wenn sie günstig sind. Daher sitzen die Siebtklässler aus Frankfurt - wenn sie denn fahren dürfen - rund 16 Stunden im Bus nach Bordeaux.
Bangen um Skifahrten angesichts 2G in Österreich
Zeitlich näher als Sprachaustausch-Reisen im Frühjahr und Sommer liegen die Skifahrten dieses Winters. Nach einem Jahr Zwangspause darf es sie im zweiten Halbjahr eigentlich wieder geben. Viele Schulen haben frühzeitig gebucht, sehen sich nun aber vor unerwartete Probleme gestellt. In Österreich zum Beispiel gilt derzeit die 2G-Regel. Das heißt, nur Geimpfte und Genesene dürfen an Freizeitaktivitäten teilnehmen. Was aber ist mit ungeimpften deutschen Schülerinnen und Schülern?
Der Landeselternbeirat wünscht sich darauf eine Antwort vom Ministerium. Ein Sprecher verweist auf Anfrage jedoch auf die Schulen: „Diese Frage müssen die Schulen dann in eigener Verantwortung treffen.“
Auch die Musterschule hängt in der Luft. Die Skifahrt sei eine verbindliche Schulveranstaltung, daher dürfe niemand ausgeschlossen werden, erklärt Schulleiter Stefan Langsdorf: „Falls es in Österreich bis zum Fahrttermin bei 2G bleibt, muss die Fahrt storniert werden, da die Gruppe als Ganzes nicht fahren kann.“ dpa