Wirtschaft treibt Menschen in Kaufsucht: Mediziner erhebt klare Vorwürfe
Kaufsucht, Internetsucht und andere Verhaltenssüchte können therapiert werden. Betroffene werden durch Werbung enorm getriggert.
600.000 bis 800.000 Kaufsüchtige soll es in Deutschland geben, heißt es in einem Planet-Wissen-Beitrag. Bei 5,8 Prozent aller 12- bis 17-Jährigen ist von einer Computerspiel- oder Internetabhängigkeit auszugehen, so die Techniker Krankenkasse. Kaufsucht, Internet- oder Gaming-Abhängigkeit: Alles Verhaltenssüchte, die derart ausarten können, dass die Betroffenen alltäglichen Dingen nicht mehr nachgehen können. Im schlimmsten Fall verlieren Suchtkranke ihren Job, fallen in die Isolation und/oder wenden all ihre Ersparnisse auf, um ihrer Sucht nachzugehen.
Verhaltenssüchte werden von der Wirtschaft sogar gefördert, so der Vorwurf von Markus Salinger, Oberarzt der Abteilung Klinische Suchtmedizin im Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Im Bayreuther Mediengespräch hatte er einen Vortrag zum Thema „Bin ich Sklave meines Handys? Verhaltenssüchte. Trenddiagnose oder Realität?“ gehalten.

Werbung fördert Kaufsucht: „Der Mensch wird abhängig, die Wirtschaft jubelt“
Klassische Werbung im Kino, im TV oder in Form von Plakaten suggeriert immer dasselbe: Wer ein gutes Leben haben will, braucht dieses oder jenes Produkt. Verkauft werden sollen Kosmetik, Autos, Dessous, Smartphones, Kleidung, Schmuck bis Spielzeug. Kaufanreize überall: Vor allem für Kaufsuchtgefährdete ist das ein großes Problem. Denn werden sie so doch immer weiter animiert, sich Dinge zu kaufen – die sie zum einen meist nicht brauchen und sich zum anderen nicht leisten können.
„Zu den Verhaltenssüchten zählen beispielsweise auch die Kaufsucht, die Arbeitssucht, die Sportsucht. Der Mensch wird abhängig, die Wirtschaft jubelt. Denn die nutzt im Hintergrund diese Sucht gnadenlos aus. Es gibt ganz klare Mechanismen, die wirtschaftlich gebraucht werden, um Menschen in die Abhängigkeit zu bringen. Der Abhängige nämlich kauft. Die nächste App, das nächste Spiel, das nächste Schnäppchen“, so Suchtmediziner Markus Salinger in einem Blogbeitrag auf den Seiten der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (blmplus.de).