Lieber lesen oder hören? Was für und was gegen Hörbücher spricht
Sind Sie eher in der Fraktion Buchliebhaber oder gehören Sie zu den Hörbuchfreunden? In Literaturkreisen gibt es Menschen, die deutliche Unterschiede sehen.
Draußen ist es ungemütlich, es regnet und stürmt – das ist genau der Moment, in dem sich einige Menschen mit einem Buch und einem Tee auf die Couch setzen und in fremde Welten eintauchen. Andere klicken in der Zeit lieber auf den Play-Button und hören sich die Geschichte an. Ob Hören wirklich als „lesen“ gelten kann, darüber diskutieren die Liebhaber des jeweiligen Mediums. Allerdings hat beides Vor- und Nachteile.
Lesen oder hören? Das Hörbuch kann für Menschen mit Leseschwäche geeignet sein

Ein Hörbuch kann, sofern es professionell gesprochen wurde, die Wirkung des Buchs noch einmal verstärken und eindringlicher die Intention und die Gefühle transportieren. Das setzt allerdings voraus, dass gelernte Sprecherinnen und Sprecher ihre Stimme gekonnt einsetzen. Natürlich gibt es auch talentierte Personen, die das machen können, obwohl sie nicht darin ausgebildet wurden. Das sind allerdings nicht immer die jeweiligen Autorinnen und Autoren des Buchs. Ein Hörbuch ist ebenso barrierefrei und kann von vielen Menschen konsumiert werden. Haben Menschen beispielsweise eine Leseschwäche, kann ihre Motivation, zu einem Buch zu greifen, geringer sein. Dies kann daran liegen, dass die Dekodierung, also das Zusammenziehen von Buchstaben zu Worten zu einem ganzen Satz, länger dauere. Bei Hörbüchern könne der Sinn des Gehörten schneller erfasst werden.
Hörbuch oder Buch? Dekodierung nimmt meist bis zur weiterführenden Schule mehr Raum ein, so die Wissenschaft
Gleichberechtigung zwischen Print und Audio: darüber streiten sich die Geister. Das Portal Audible informiert, dass es zwei (vereinfachte) Schritte beim Lesen gebe. Dabei bezieht sich das Portal auf Erkenntnisse des Psychologen Daniel Willingham. Dieser teilte das Lesen wie folgt auf:
- Dekodierung: Damit ist die Verarbeitung von Buchstaben, Worten und Sätzen gemeint. Diesen klassischen Schritt müssen gerade Kinder üben und dauert anfangs lange. Bis zum fünften oder sechsten Schuljahr sei dieser Schritt in der Regel so weit automatisiert, dass durch die Dekodierung kein zusätzlicher Aufwand mehr bestehe.
- Erfassung und Bedeutung: Die Großhirnrinde ist gefragt – wie interpretiert der Kopf die Wörter. In diesem Schritt verstehen Menschen, was sie lesen oder hören. Der Schritt ist beim physischen Buch und beim Hörbuch identisch.
Folglich bedeutet dies, dass beide Medien, was den Aufwand angeht, relativ früh im Leben wieder gleichauf sind. Eine Studie, die Fatma Deniz, Universität von Berkeley, im Jahr 2019 durchgeführt hat, beschreibt das Vorgehen. Demnach würde der semantische Teil, also das Verständnis des Gelesenen oder des Gehörten, im gleichen Teilbereich des Hirns ablaufen. Beim Hörbuch und beim Lesen ist also nur der erste Teil unterschiedlich, danach findet ein identischer Prozess statt. Hören und Lesen werde an der Stelle folglich vergleichbar.
Vor- und Nachteile des Hörbuchs im Überblick
Vorteile des Hörbuchs | Nachteile des Hörbuchs |
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Der Dekodierungsprozess fällt weg. | Man ist auf elektronische Geräte und Strom bzw. Akku angewiesen. |
Hörbücher sind weniger anstrengend. | Man kann sich keine Textstelle markieren. |
Man kann etwas nebenbei machen (Autofahren, kochen, putzen, Sport). | Da man es nebenbei macht, bekommt man nicht alles der Geschichte mit und wird nicht so sehr reingezogen. |
Man hat die Hände frei. | Man kann nicht schnell zurückspringen, wenn man noch mal etwas wiederholen möchte. Beim Lesen wird die komplette Passage erfasst. |
Expertinnen und Experten berichten laut Audible allerdings davon, dass man das aktive Hörbuchhören auch trainieren kann. Somit sollen erprobte Hörerinnen und Hörer sich auch bei Ablenkung an mehr Details erinnern können.
Sie sind von Hörbüchern überzeugt? Dann schauen Sie sich doch mal an, ob eines der besten Hörbücher 2023 etwas für Sie ist.
Vor- und Nachteile des Buchs im Überblick
Vorteile von Büchern | Nachteile von Büchern |
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Man nimmt sich bewusst Zeit. | Man hat haptisch ein Buch dabei, welches Platz einnimmt. |
Man kann mit den Augen noch einmal zurückspringen. Das ist beispielsweise bei Fachwörtern sinnvoll. | Bücher sind oft teurer. |
Man kann Textstellen markieren und Sätze unterstreichen. | Man ist beschäftigt und kann nichts nebenbei machen. |
Trägt zur Sprachentwicklung und zum Leseverständnis bei. Allgemein ist das Leseerlebnis individueller. | Man muss sich aktiv Zeit nehmen und braucht Konzentration. |
Wenn Sie erst herausfinden wollen, welche Bücher der aktuellen Bestenliste sich wirklich lohnen, können Sie sich vorab informieren.
Hörbuch oder Buch: Reaktionen aus dem Internet
Bei den Nutzerinnen und Nutzern von Büchern und Hörbüchern scheiden sich die Geister, wann man davon sprechen kann, dass man etwas gelesen hat. Hier eine Auswahl der Reddit-Kommentare:
- „Ich würde Hörbücher mitzählen bei der Frage ‚Kennst du Buch XY?‘. Aber Lesen impliziert für ich eine aktive Handlung meinerseits und nicht nur zuhören.“
- „Hören ist nicht lesen.“
- „Ernsthaft beantwortet, so als Deutschlehrer: ‚Nein!‘ Das sind zwei verschiedene Kompetenzen, die da vonnöten sind. Kennt man den Inhalt, wenn man das Hörbuch gehört hat? Klar, definitiv. Aber es ist etwas anderes.“
- „Ich höre auch gern Hörbücher, aber die Erfahrung ist eine völlig andere. Lesen ist da noch mal um einiges intensiver.“
- „Ich konsumiere privat ausschließlich Hörbücher. Fühle mich gut und es rangiert sehr weit oben bei meinen Hobbys. Für mich das gleiche, nur besser.“
- „Ich höre täglich neun Stunden auf der Arbeit Hörbücher. Ich war noch nie in der Lage, mich auch nur drei Minuten hinzusetzen und zu lesen.“