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Die Zukunft ist süß

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Von: Rolf Stein

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Syke - Von Rolf Stein. Es ist eigentlich immer wieder ganz einfach: Je mehr man über eine Sache erfährt, desto mehr Fragen ergeben sich daraus. Zum Beispiel „Hello Kitty“. Kennt wahrscheinlich fast jeder. Irgendwie zumindest. Aber wer sich dieses gezeichnete Wesen ausgedacht hat? Anderes Beispiel: Japan. Kennt jeder. Aber warum kennt man dort Snoopy, aber nicht Charlie Brown?

Andreas Neuenkirchen, vor Jahren der Liebe wegen nach Tokio ausgewanderter Bremer Autor, der schon vor Jahren in einem Buch den globalen Siegeszug von „Hello Kitty“ untersuchte, gibt in seinem neuesten Werk Nachhilfe. Es heißt „Kawaii Mania. Japans niedlichste Abgründe“ und erklärt dem Rest der Welt, zumindest aber dem deutschsprachigen, was es mit der japanischen Vorliebe für das Niedliche an sich auf sich hat. Das beginnt mit einer kleinen Wortkunde: „Kawaii“, vorzugsweise mit einem bis mehreren Ausrufezeichen, bedeutet vor allem „niedlich“ – aber auch: liebenswert, charmant und wertvoll. Und es ist laut Neuenkirchen eines der wichtigsten Wörter der japanischen Sprache. Das deutet schon an, dass es hier nicht nur um Hello Kitty geht. Das Wort „kawaii“ lässt sich gar bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen. Niedlichkeit scheint in Japans Kultur tief verwurzelt zu sein, vom Bonsaibaum bis Babymetal.

Dabei geht es in diesem Buch keineswegs darum, einen voyeuristischen Blick auf eine putzige fremde Kultur zu werfen. Der weltweite Siegeszug von Hello Kitty und anderen Kawaii-Phänomenen lässt sich durchaus auch als Zeichen für gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel verstehen.

Als Deutscher in Tokio macht sich Neuenkirchen auf, um die für westliche Leser dann doch zunächst recht fremde Welt des Niedlichen zu durchmessen, was er mit viel Lust an charmanten Anekdoten tut, aber immer auch mit dem Bestreben, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wobei er allerlei Interessantes zutage fördert.

Wussten Sie zum Beispiel, dass japanische Schulmädchen zumindest zu einem nicht ganz unwichtigen Teil verantwortlich dafür sind, dass wir heute unsere Textnachrichten auf den diversen digitalen Kanälen mit sogenannten Emojis würzen?

Mode, Malerei, Musik, Mangas – kaum ein Sektor der Popkultur bleibt hier unbeachtet, sogar ein Mittagessen kann Kawaii sein. Und: „Japan ist nur der Anfang“, so lautet zumindest der Untertitel des letzten Kapitels.

Dass ein Buch über Kawaii nicht als Bleiwüste daherkommen kann, versteht sich von selbst. „Kawaii Mania“ wird in diesem Sinne seinem Sujet aufs beste gerecht. Da gibt es tolle Fotos, aber auch knallbunt gestaltete Unterkapitel mit „Insiderwissen“ – und ein Glossar klärt die wichtigsten Fachbegriffe.

Lesen

Andreas Neuenkirchen: „Kawaii Mania“, Conbook Verlag 2019, 192 Seiten, 19,95 Euro.

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