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Weserburg-Gutachten gerät ins Zwielicht

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Von: Johannes Bruggaier

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Manch einem Mitglied der Kulturdeputation dürften beim Lesen des Friedel-Gutachtens zur Zukunft der Weserburg die Ohren geklungen haben: Sind die Parallelen zu den städtischen Empfehlungen doch mehr als deutlich. © Faltermann

Bremen - Von Johannes Bruggaier. „Empfehlungen zu den Entwicklungsmöglichkeiten für das Museum Weserburg“: So lautet das externe Gutachten des laut Stiftung des Hauses „hoch renommierten“ Sachverständigen, Prof. Dr. Helmut Friedel. Der langjährige Direktor des Münchener Lenbach-Hauses sollte die dringend ersehnte Objektivität in die Debatte um die Zukunft des Museums bringen, einen Blick von außen, ohne Einfluss politischer Interessensgruppen.

Das Ergebnis umfasst wenig mehr als fünf großzügig bedruckte Din-A4-Seiten. Bemerkenswerter als der schmale Umfang aber ist in mancher Hinsicht der Inhalt der Studie und zwar insbesondere dann, wenn man ihn mit einer Vorlage vergleicht, die in der Bremer Kulturbehörde bereits für die Deputationssitzung vom 9. Dezember 2014 ausgearbeitet worden ist. Verfasser dieser Vorlagen sind die Behördenmitarbeiter Anna Greve und Andreas Mackeben. Wir zitieren Auszüge.

Greve/Mackeben: „Das ‚Sammlermuseum‘ Weserburg ist jedoch von der Entwicklung eingeholt worden, dass bundesweit inzwischen alle Museen für Gegenwartskunst mit Privatsammlern zusammenarbeiten.“

Greve/Mackeben: „Inwiefern das seit einem Jahr verfolgte Konzept, ‚junge Sammlungen‘ auszustellen, vor allem deshalb interessant ist, weil diese Sammlungen besonders erstklassige und junge Kunst enthalten.“

Greve/Mackeben: „Gegenwartskunst durch den subjektiven Blick eines Sammlers zu entdecken ist ein anderer Zugang zu Kunst als die klassische museologische Ordnung nach Chronologie oder Thema.“ (Der Kommafehler findet sich in beiden Quellen)

Greve/Mackeben: „und das Museum als sozialen Ort zu begreifen. Die Weserburg könnte in diesem Sinne ein Forum der Diskussion von Fragen der Präsentation von Gegenwartskunst werden.“

Greve/Mackeben: „Inwiefern das Arbeiten mit Gastkurator/innen sich für ein solches Labor der Gegenwartskunst anbieten würde. Auf diese Weise wäre die Weserburg sowohl für das lokale als auch das überregionale Publikum ebenso wie für das Fachpublikum immer wieder neu zu entdecken.“

Klaus Sondergeld, Vorsitzender des Weserburg-Stiftungsrats, erklärt die auffälligen Parallelen wie folgt. Man habe dem Gutachter bewusst Fragen zukommen lassen, die sich in den Sitzungen der Kulturdeputation ergeben hätten und ihn darum gebeten, deren Beantwortung in seine Ausführungen einfließen zu lassen. Im Gutachten selbst ist von einem derartigen Auftrag allerdings keine Rede, auch ist keine der fraglichen Stellen als eine solche Antwort gekennzeichnet. Quellenangaben existieren nicht: Anna Greve und Andreas Mackeben werden im Gutachten ebenso wenig erwähnt wie die Deputation für Kultur. Auftraggeber des Gutachtens war nicht die Kulturdeputation, sondern der Stiftungsrat der Weserburg.

Sondergeld selbst gibt zu Protokoll, man habe bis auf den Auftrag, einen „inhaltlichen Impuls“ zum weiteren Umgang mit verschiedenen Bauvarianten zu geben, keine weiteren inhaltlichen Vorgaben genannt. Versuche der Einflussnahme weist der Stiftungschef weit von sich. Zum Honorar für Friedel gibt es keine Auskunft.

Aus der Weserburg kommt Schweigen. Museumschef Peter Friese will sich zu den Fundstellen ausdrücklich nicht äußern. Alles, was er zu sagen habe, sei, dass er an der Idee eines lebendigen Museums für Gegenwartskunst mit wissenschaftlichem Anspruch festhalte und die Umfunktionierung in eine „Ausstellungshalle“ oder ein „Forum“ ablehne: „Die Weserburg war ein Museum, ist ein Museum und sollte ein Museum bleiben.“

Helmut Friedel war am Donnerstag bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Lesen Sie dazu den Kommentar unseres Kulturredakteurs Johannes Bruggaier: "Bremer Ausreden"

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