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Figurentheater „Mensch, Puppe!“ spielt Franz Kafkas „Prozess“

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Von: Rolf Stein

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Türen gibt es genug, aber den Weg in die Freiheit findet Franz K. in der Inszenierung von „Mensch, Puppe!“ nicht. - Foto: Daniel Kunzfeld
Türen gibt es genug, aber den Weg in die Freiheit findet Franz K. in der Inszenierung von „Mensch, Puppe!“ nicht. © Daniel Kunzfeld

Bremen - Von Rolf Stein. Das Wörtchen kafkaesk ist so vielsagend wie überstrapaziert. Dass es durchaus noch seine Berechtigung hat, legt die Inszenierung von Kafkas unvollendetem und erst posthum veröffentlichten Roman „Der Prozess“ beim Bremer Figurentheater „Mensch, Puppe!“ nahe.

Der Roman erzählt die Geschichte von Franz K., einem Bankprokuristen, der eines Morgens, nein, nicht in ein Ungeziefer verwandelt erwacht, sondern verhaftet wird. Wofür, wird ihm unterdessen nicht mitgeteilt. Weshalb es auch unmöglich scheint, etwas dagegen auszurichten.

Nun ist K. immerhin Bankangestellter, also relativ privilegiert und mit entsprechenden Kontakten zu Juristen und anderen wichtigen Menschen ausgestattet; zudem darf er trotz Verhaftung seiner Arbeit weiter nachgehen. So versucht er alles, um die Angelegenheit aufzuklären. Was immer er allerdings unternimmt: Die Gewalt, die sein Schicksal in den Händen hält, bleibt ungreifbar.

Solch eine ominöse Macht, die in kaum nachvollziehbarer Weise die Strippen zieht, lässt sich ganz plastisch im Figurentheater erkennen, wo die Puppen schließlich an Fäden hängen oder anderweitig von den Spielern geführt werden. Sie entwickeln zwar, wenn sie so gekonnt benutzt werden wie bei „Mensch, Puppe!“, durchaus Charakter und Leben – aber als Puppen sind sie machtlos und doch nur Anhängsel eines anonymen Apparats – ähnlich verhält es sich mit den Masken, die die Existenz des Unkenntlichen kenntlich machen.

Schauspieler seit Langem wieder gemeinsam auf der Bühne

Jeannette Luft, Claudia Spörri und Leo Mosler, die gemeinsam das Ensemble „Mensch, Puppe!“ bilden, stehen in „Der Prozess“ seit Längerem erstmals wieder zusammen auf der Bühne. In der Regie von Philip Stemann spielen sie die beschriebenen Mechanismen des Figurentheaters facettenreich aus.

Anna Siegrot hat dafür nicht nur markante Figuren geschaffen, sondern auch ein genial schlichtes Bühnenbild erschaffen, das aus drei verschiebbaren Türen unterschiedlicher Größe und ein paar Stühlen besteht.

Kafkas grausamer Schluss ist übrigens nicht zu sehen. Bei alle den Türen bleibt die Angelegenheit für ihn einerseits offen – andererseits scheint es aber auch keinen Ausweg zu geben. Was das Ende doch noch ein bisschen beklemmender macht.

Die nächsten Termine: Samstag, Freitag, 10. November, Freitag, 24. November, Samstag, 2. Dezember, jeweils 20 Uhr.

Vom 2. bis zum 5. November feiert „Mensch, Puppe!“ sein sechsjähriges Bestehen mit einem Geburtstagsfestival, das Programm finden Sie im Internet unter www.menschpuppe.de

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