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Noch so ein Loop

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Im Theater Bremen ist Geschichte in ihrer Wiederholung gefangen. - Foto: Jörg Landsberg
Im Theater Bremen ist Geschichte in ihrer Wiederholung gefangen. © Jörg Landsberg

Bremen - Von Rolf Stein. Es ist immer dasselbe: Hoffmann verliebt sich, aber dann kommt ein anderer und schnappt ihm das Objekt der Begierde vor der Nase weg. Aber natürlich ist es nie ganz genau dasselbe.

Jacques Offenbach schuf unter Zuhilfenahme einiger Erzählungen des Dichters E.T.A. Hoffmann seine Oper „Hoffmanns Erzählungen“, in der er den Dichter durch dieses Wechselbad der Gefühle von seiner Muse Nicklausse hin zur Kunst führt.

Levin Handschuh, bislang als Regieassistent am Theater Bremen tätig, und der Komponist Riccardo Castagnola, der unter anderem an der Bremer Hochschule für Künste studiert hat und gelegentlich schon mit Arbeiten für das Theater aufgefallen ist, haben sich Offenbachs Oper beherzt vorgenommen, um mit vier Sängern die Geschichte neu zu erzählen. Das fällt zunächst vor allem musikalisch geradezu spektakulär aus: Zwar liegt „Hoffmann – Ein Offenbach-Projekt“ die Partitur der Oper hörbar zugrunde, erklingen Versatzstücke, klingen Ariensplitter an, Castagnola nimmt sich aber einige Freiheiten bei der Behandlung heraus. Immer wieder schieben sich wuchtige Klangblöcke in wiederum elektronisch bearbeitete Offenbach-Auszüge, düstere Klangflächen unterlegen die Szene, aufgebrochen von brachialen Beats. Was freilich nicht ohne Folgen für die Sänger bleibt, deren Partien vor allem im dritten Teil förmlich zerfallen.

Für Christian-Andreas Engelhardt als Hoffmann, Pauline Jacob als Muse Nicklausse, Iryna Dziashko in den Rollen der drei Objekte der Begierden Hoffmanns und Christoph Heinrich in den jeweiligen Nebenbuhlerrollen ist das nicht die einzige Herausforderung dieses Abends. Anders als im großen Haus müssen sie hier auch darstellerisch nuancierter vorgehen. Und bis auf einige Verständnisschwierigkeiten vor allem bei Dziashko meistern sie die ungewohnten Aufgaben souverän.

Nach 75 Minuten wird das neue Jahr eingezählt, Hoffmann hat das Gebäude verlassen. Aber wir wissen: Im neuen Jahr wird es vermutlich weitergehen wie im alten. Noch so ein Loop. Kein Wunder, dass schon gleich am Anfang ein Ende steht, unübersehbar auf die klobige Wachbetonarchitektur des Bühnenbilds von Nanako Oizumi projiziert, vor jedem Akt. Geschichte ist in ihrer Wiederholung gefangen, die große Liebeserzählung oder deren Sublimation in Form der Künstlerwerdung, wie bei Offenbach, findet nicht statt. Nicklausse lässt Hoffmann ziehen. Ein Abgesang auf die Oper in ihrer tradierten Form? Auf jeden Fall ein ästhetisch spannender Abend von beträchtlicher Sogkraft.

Heute, 20 Uhr, Kleines Haus, Theater Bremen.

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