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Bücher, die Kunstwerke sind

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Von: Katia Backhaus

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Bilder, Texte und Witz: Künstlerbücher aus den 40er-Jahren (links) und den 80er-Jahren (rechts).
Bilder, Texte und Witz: Künstlerbücher aus den 40er-Jahren (links) und den 80er-Jahren (rechts). © B. Brach

Umfangreiche Schenkung: Zentrum für Künstlerpublikationen zeigt neue Stücke aus den Niederlanden.

Bremen – Künstlerpublikation – sperriger Begriff. Kunstwerk? Schon besser. Buch. Na also. Und mit diesem kleinen Wort, leicht verständlich und so griffig wie der Krimi auf dem Nachttisch, ist noch nicht einmal zu wenig gesagt. Denn ein Buch kann ein Kunstwerk sein, hergestellt von einem Künstler. Oder einer Künstlerin natürlich.

Um eben solche Bücher, die nicht Kunst beschreiben, sondern selbst Kunstwerke sind, dreht sich die neue Ausstellung im Bremer Zentrum für Künstlerpublikationen in der Weserburg. Die Schau „Von De Stijl bis Boekie Woekie: Künstlerpublikationen aus den Niederlanden“ ist am Freitag eröffnet worden und bis zum 10. September zu sehen.

Als die ersten – damals noch nicht einmal so benannten – Künstlerbücher in den 20er-Jahren erschienen, wurde diese Kunstform so wenig beachtet, dass niemand Geld oder Zeit darin investieren wollte. Kein Museum, kein Verlag öffnete dieser Idee seine Türen. Oft genug wurden die Exemplare verschenkt oder sogar vernichtet. Kleine Auflagen, die teilweise nicht mal die 100 erreichten, machten das Künstlerbuch zusätzlich wenig attraktiv für Geldgeber.

Das macht das Künstlerbuch als Kunstwerk aus: Der Künstler macht alles selber.

Anne Thurmann-Jajes, Leiterin des Zentrums für Künstlerpublikationen

So blieb den ersten Vertretern, darunter Theo van Doesburg, Gründer der De-Stijl-Gruppe, nichts anderes übrig, als Arbeit und Kosten ohne jegliche Unterstützung allein zu tragen. Anne Thurmann-Jajes, die das Zentrum für Künstlerpublikationen leitet und die Ausstellung mitkuratiert hat, sieht in diesem langen, mühevollen Prozess ein prägendes Moment: „Das macht das Künstlerbuch als Kunstwerk aus: Der Künstler macht alles selber.“

Wie lebendig die niederländische Künstlerpublikations-Szene bereits ab den 20er-Jahren und vor allem in den 40er- und 50er-Jahren war, ist in der Schau übrigens erstmals zu sehen. Bislang war die Entstehungsgeschichte des Künstlerbuchs in den USA verortet worden. Nun hat die niederländische Brokken Zijp Foundation of Art der Weserburg drei Sammlungen mit mehr als 1 700 Werken geschenkt, an denen die Entwicklung in den Niederlanden nachzuvollziehen sind. Stifterin José Brokken-Zijp hat die Ausstellung gemeinsam mit Thurmann-Jajes kuratiert. Teil der Schenkung ist auch eine Sammlung mit Werken von Herman de Vries, dem die Weserburg zuletzt 2018 eine Ausstellung widmete.

Bilder, Texte und Witz: Künstlerbücher aus den 40er-Jahren (links) und den 80er-Jahren (rechts).
Bilder, Texte und Witz: Künstlerbücher aus den 40er-Jahren (links) und den 80er-Jahren (rechts). © B. Brach

Der Fokus der aktuellen Schau liege auf den neu erhaltenen Stücken, erläutert Zentrumsleiterin Thurmann-Jajes. Sie sind von ganz unterschiedlichem Charakter: Während die frühen Künstlerbücher eher wie kreativ-chaotische Skizzen-Text-Bücher aussehen, spielen spätere Werke mit beschnittenen Seiten und Faltungen, künstlerischen Bezügen und katalogartigen Arrangements anderer Werkformen.

Wie viel Charme und Witz in einem Künstlerbuch stecken kann, zeigt sich am Ende des Rundgangs in der Galerie. Dort warten Werke, die in den späten 80ern in der Gründergruppe des Amsterdamer Künstlerbuchladens Boekie Woekie entstanden sind. Da nimmt etwa Henriette van Egten in einem schmalen, tischkalenderartigen Buch die Giraffe in den Blick. Vom Giraffenhuf auf Seite eins streift sie Seite für Seite die Beine, den Bauch und den Hals entlang bis zum Kopf auf der letzten Seite. So leicht kann die Künstlerpublikation daherkommen.

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