Corona: Warum einige sich nicht anstecken – Studien decken Immunität auf
Kennen gerade viele: Der Partner oder das Kind hat Omikron, aber man selbst bleibt gesund. Wie kann das sein? Experten haben die Antwort.
London – In vielen deutschen Haushalten spielt sich gerade das gleiche Szenario ab: Ein Familienmitglied hat sich im Büro oder Kindergarten mit Corona bzw. Omikron infiziert und niest und hustet nun quer durch die Wohnung. Der Erkrankte muss in Quarantäne, alle anderen machen fleißig Schnell- oder sogar PCR-Tests – und bleiben trotz leichter Symptome negativ. Obwohl die Menschen, die sich nicht mit Corona anstecken und Novids genannt werden, als Erstkontakt den ganzen Tag der Virenlast ausgesetzt sind. Wie kann das sein? Warum stecken sich manche Menschen nicht mit Corona an?
Corona: Darum stecken sich einige Menschen nicht an – neue Studienergebnisse überraschen
Warum sich einige Menschen nicht mit Corona anstecken, darauf haben Wissenschaftler verschiedene Erklärungen. Folgende Faktoren könnten laut Studien eine Infektion mit Omikron oder einer anderen Corona-Variante beeinflussen:
- Gene
- Antikörper (T-Zellen)
- Blutgruppe 0
Warum stecken sich manche Menschen nicht mit Corona an? Ein Grund sind die Gene
Einige Forscher gehen davon aus, dass unsere Gene dafür verantwortlich sein könnten, dass manche Menschen sich nicht mit Corona infizieren. Auch ein britisches Team um Prof. Christopher Chiu plant dazu weitere „Human-Challenge-Studien“ (siehe unten). „Es gibt Menschen, die aufgrund genetischer Merkmale zum Beispiel schlecht mit Malaria oder HIV infiziert werden können. In gewissen Abstufungen wird es das auch bei Sars-CoV-2 geben“, sagt Leif Erik Sander, Leiter der Klinik für Infektiologie an der Berliner Charité, zur Deutschen Presse-Agentur. Komplett verstanden seien die genetischen Faktoren aber nicht.
Corona: Für das umstrittene „Human-Challenge-Projekt“ haben sich Menschen freiwillig angesteckt
Auch Forscher aus Großbritannien sind der Frage nachgegangen, warum sich manche Menschen nicht mit Corona infizieren. Die Ergebnisse ihrer Studie haben Sie kürzlich veröffentlicht. Das „Human-Challenge-Projekt“ wurde bereits im Februar 2021 heftig diskutiert.
Denn hierfür hatten sich 36 Menschen in Großbritannien freiwillig dem Coronavirus ausgesetzt: Die Wissenschaftler des Imperial College London hatten den Versuchsteilnehmern eine geringe Menge einer der ersten Virusvarianten in die Nase getröpfelt. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Die Dosis sei gerade so hoch gewesen, dass sie für eine Infektion gereicht hätte. Damals haben sich viele Kritiker die Frage gestellt: Ist es ethisch und moralisch in Ordnung, Menschen zu infizieren, um eventuell einmal andere Menschen besser schützen zu können?
Warum stecken sich einige nicht mit Corona an? Sie haben passende T-Zellen
Glücklicherweise haben alle 36 Versuchspersonen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren die Infektion gut überstanden. Keine Selbstverständlichkeit, denn weder waren sie vorher geimpft, noch hatten sie sich zuvor infiziert – bis auf zwei, die dann von der Versuchsreihe ausgeschlossen wurden. Die restlichen 34 wurden zwei Wochen genaustens medizinisch überwacht und anschließend noch 12 Monate lang beobachtet.
Das Interessante: Nur 18 Testpersonen haben sich mit Corona angesteckt. Die anderen 16, also fast die Hälfte, blieben gesund und entwickelten keine Infektion. Sie gehören zu den Menschen, die sich nicht mit Corona anstecken. Allerdings wurden viele von ihnen vorübergehend positiv auf geringe Viruskonzentrationen getestet, wie die britische Zeitung „Guardian“ berichtet. Sie hatten also das Virus im Körper, der PCR-Test schlug jedoch nicht an. Aber warum?

Die Erklärung von Studienleiter Prof. Christopher Chiu: „Die Virusmengen stiegen nicht hoch genug an, um nachweisbare Mengen an Antikörpern, T-Zellen oder Entzündungsfaktoren im Blut auszulösen.“
Genau das passiert vermutlich auch bei vielen Menschen, die sich derzeit sicher sind, sich bei jemandem angesteckt zu haben, ein bisschen niesen und husten – aber immer wieder negative Schnell- oder sogar PCR-Tests haben.
Erkältungen haben auch etwas Gutes: Sie schützen unter Umständen vor einer Infektion mit Corona
Doch warum gelingt es diesen Menschen, nicht an Corona zu erkranken? Haben sie ein besonders gutes Immunsystem? Zumindest ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie zuvor schon mit bestimmten Corona-Viren in Kontakt gekommen sind, wie eine weitere Studie zeigt.
Forscher vom University College London haben 52 Personen untersucht, die direkten Kontakt mit einer mit Covid-19 infizierten Person gehabt hatten. Auch von ihnen hatte sich nur die Hälfte infiziert. Und auch in den Blutproben dieser Versuchsteilnehmer fanden die Forscher wieder: T-Zellen.
T-Zellen, auch T-Lymphozyten genannt, sind weiße Blutkörperchen, die einen Teil des erworbenen Immunsystems ausmachen. Sie funktionieren wie Antikörper, sind aber weniger spezifisch. Das bedeutet, sie reagieren auch auf ähnliche Viren als solche, die sie schon kennen.
Das ist wichtig, denn: Wer vor der Pandemie schon einmal eine Erkältung mit einem Corona-Erkältungsvirus hatte (diese harmlosen Corona-Viren gibt es schon länger), dessen Körper verfügt heute über T-Zellen. Diese können wiederum die „bösen“ Covid-19-Viren unschädlich machen, wenn sie im Körper herumschwirren.

Wissenschaftler betonen: Am wirksamsten schützt nach wie vor die Impfung vor Corona
T-Zellen erinnern sich übrigens lange Zeit an Krankheitserreger. Wer geeignete T-Zellen im Körper hat, ist also längere Zeit geschützt.
Sie waren vor Corona oft erkältet und fühlen sich jetzt sicher? Bitte nicht.
Die Privatdozentin Dr. Juliane Walz, welche am Universitätsklinikum Tübingen zu T-Zellen forscht, sagte zum Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „Es geht nicht nur darum, ob T-Zellen vorhanden sind oder nicht, sondern es kommt auch auf die Zahl und Qualität der T-Zellen an.“ Dies bedeute, dass bei manchen Menschen T-Zellen symptomatische Verläufe verhindern könnten, bei anderen aber nicht. Deswegen betonen die Wissenschaftler aller Studien, dass man sich nicht darauf verlassen sollte. Der beste Schutz vor Covid-19 sei immer noch eine vollständige Impfung, einschließlich einer Auffrischungsimpfung.
Corona-Studie beweist: Darum stecken sich Menschen mit der Blutgruppe 0 weniger häufig an
Doch auch unsere Gene beziehungsweise unsere Blutgruppe können beeinflussen, ob wir anfällig für Corona sind oder nicht. Das haben Forscher der Universität Graz herausgefunden. Für ihre Studie haben die Wissenschaftler Daten von 399 Corona-Patienten ausgewertet, die wegen des Virus im Krankenhaus behandelt werden mussten.
Das überraschende Ergebnis: Die Blutgruppe AB wurde bei den mit Corona Infizierten signifikant häufiger festgestellt. „Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Menschen mit der Blutgruppe 0 eine statistisch signifikant geringere Wahrscheinlichkeit haben, an Covid-19 zu erkranken, als Menschen mit der Blutgruppe A, B oder AB“, erklärte Studienleiter Thomas Wagner in einer Pressemitteilung. Bedeutet: Wenn Sie die Blutgruppe 0 haben, könnte es unwahrscheinlicher sein, dass sie sich mit Corona infizieren. Die Betonung liegt auf dem Wort „könnte“. Darauf verlassen sollte man sich nicht.
Corona: Warum stecken sich Menschen nicht mit Omikron an? Blutgruppe 0 schützt
Wie Der Spiegel berichtet, stütze eine aktuelle französische Studie diese Vermutung. „Den Ergebnissen zufolge könnten Menschen mit Blutgruppe 0 also das Virus zwar besonders leicht weitergeben, jedoch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich bei anderen anstecken“, so Der Spiegel.
Die Datenanalyse ergab: Menschen der Blutgruppe A haben ein höheres Risiko für Corona, Menschen mit der Blutgruppe 0 ein geringeres Risiko als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Das Ziel vieler dieser Forschungsergebnisse ist, Menschen in Zukunft besser vor Corona schützen zu können, auch durch die Entwicklung neuer Medikamente. Bis es soweit ist, dürften sich viele Menschen denken: Egal, wie und warum – Hauptsache, man ist gesund.
Wer sich dennoch Corona infiziert, sollte sich alle Informationen zur vorherrschenden Corona-Variante Omikron und zu Inkubationszeit und Symptomen holen.
++Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 10.3.2022 und wurde am 19.5.2022 mit aktuellen Studien ergänzt.++