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Tankrabatt ab 1. Juni: „Lage an Tankstellen wird dramatisch“ – lieber vorher tanken

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Von: Jennifer Köllen

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Trotz Tankrabatt des Entlastungspakets: Experten erwarten ab Juni hohe Preise. Wegen des geplanten Öl-Embargos könnte dazu Benzin knapp werden.

Hannover – Autofahrer haben es trotz geplantem Tankrabatt derzeit nicht leicht. Im März erreichte der Benzin-Preis mit 2,20 Euro einen neuen Höchstwert (Diesel: 2,32 Euro). Im April hatten sich die Spritpreise zwar etwas entspannt, doch bald werden die Preise wieder extrem steigen, wie Experten vermuten. Zusätzlich könnte es zu Lieferengpässen und Chaos an Tankstellen kommen. Grund dafür sind das geplante Öl-Embargo gegen Russland – und der Tankrabatt bzw. die Spritpreisbremse im Rahmen des Entlastungspakets 2022, das zudem einen Kinderbonus, einen Zuschuss für Empfänger von Hartz IV, das 9-Euro-Ticket und die steuerpflichtige 300 Euro Energiepauschale beinhaltet. Was Autofahrer laut Experten erwartet, und wann die Lage an Tankstellen sogar „dramatisch“ werden könnte – ein Überblick.

Entlastungspaket: Tankrabatt ab 1. Juni 2022 plus Öl-Embargo – Lage bei Tankstellen „wird dramatisch“ 

Zunächst schien sich die Lage für Autofahrer endlich zu entspannen: Die Spritpreise gingen im April zurück, die Ampel setzte das Entlastungspaket 2022 mit einem Tankrabatt für Autofahrer ab 1. Juni durch. Konkret bedeutet das: Die Energiesteuer wird ab Juni für drei Monate gesenkt. Laut Finanzministerium soll sich der Steuersatz bei Benzin um 29,55 Cent pro Liter reduzieren, bei Diesel um 14,04 Cent. An den Tankstellen müssten Autofahrer für einen Liter Benzin fast 30 Cent weniger zahlen, bei Diesel sind es 14 Cent.

Doch jetzt diskutiert die Bundesregierung ein Öl-Embargo gegen Russland. Doch was würde ein Öl-Embargo der EU für deutsche Tankstellen bedeuten? Duraid El Obeid, der Vorsitzende des Bundesverbands Freier Tankstellen, prognostiziert im Interview mit der Wirtschaftswoche hohe Preise und ein Chaos an den Tankstellen.

El Obeid betreibt eine Tankstellen-Kette mit 140 Standorten im Großraum Berlin, und sagt: „Wir machen uns große Sorgen.“ Der Grund: Seine Tankstellen beziehen aus Raffinerien, welche russisches Öl nutzen. Bei einem Öl-Embargo könnten die natürlich weniger liefern. Und dann? Wird Benzin dann nicht nur teuer, sondern auch knapp? Werden Verbraucher vor leeren Zapfsäulen stehen?

Öl-Embargo und Tankrabatt: die Lage an deutschen Tankstellen könnte dramatisch werden
Öl-Embargo und Tankrabatt: die Lage an deutschen Tankstellen könnte dramatisch werden. © Patrick Pleul/dpa/Montage

Tankrabatt ab 1. Juni plus Öl-Embargo: Benzin „nicht verfügbar“, Run auf Tankstellen „historisch“

Das schließt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht komplett aus. In einem Interview mit RTL sagt er, es könne in Deutschland „für eine begrenzte Zeit zu wenig Öl und damit zu wenig Benzin verfügbar“ sein.

Das bestätigt auch Duraid El Obeid gegenüber der Wirtschaftswoche. „Es wird in nächster Zeit sicher einige Tankstellen geben, die vorübergehend entweder nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig Mineralöl auf dem Markt einkaufen werden können. Ob sie dann gar kein Benzin oder Diesel mehr anbieten können? Das weiß man nicht. Sie würden dann sicher die Preise anheben.“ Leerstände würden seines Erachtens nicht nur freie Tankstellen treffen.

Tankrabatt ab 1. Juni: Lage „wird dramatisch“ und der „Run auf die Tankstellen wird historisch“

Doch Duraid El Obeid sieht noch ein ganz anderes Problem. Er schätzt, der 1. Juni könnte wegen des Tankrabatts „richtig dramatisch werden“. „Diesel wird dann 17 Cent und Benzin 36 Cent pro Liter für den Kunden preiswerter. Die Leute werden daher Ende Mai darauf verzichten, ihre Autos vollzutanken, sie kommen dann am 1. Juni. In dieser Zeit brauchen alle Tankstellen noch mehr Kraftstoff. Der Run auf die Tankstellen wird historisch“, so El Obeid zur Wirtschaftswoche.

Tankrabatt ab 1. Juni plus Öl-Embargo: Preise für Benzin und Diesel werden trotz Spritpreisbremse steigen

El Obeid geht davon aus, dass die Preise für Benzin und Diesel trotz Tankrabatt bzw. Spritpreisbremse im Rahmen des Entlastungspakets 2022, bei dem Deutsche auch eine Energiepauschale von 300 Euro bekommen werden, steigen werden. Von höheren Preisen „ist auszugehen.“ „Allein die Logistikkosten machen Mineralöle teurer. Wenn die Kraftstoffe künftig via Tankwagen von weiter her angeliefert werden müssen, dann wird sich das natürlich in den Preisen niederschlagen.“ Die Folge: Wieder Rekordpreise für Benzin über zwei Euro pro Liter, „vielleicht 2,20 Euro pro Liter“.

Tankrabatt des Entlastungspakets ab 1. Juni: Das sind die aktuellen Spritpreise für Benzin und Diesel laut ADAC

Seit Beginn des Ukraine-Krieges unterliegen die Spritpreise extremen Schwankungen. Von Ende Februar bis Mitte März, also in den ersten Wochen des Konfliktes, wurde Super E10 laut ADAC um rund 45 Cent je Liter teurer, Preise für Diesel schnellten sogar um rund 65 Cent nach oben.

„Bei einer Tankfüllung von 50 Litern entsprach dies einer Preissteigerung von knapp 23 Euro bei Super E10 und mehr als 32 Euro bei Diesel“, heißt es beim ADAC.

Tankrabatt aus dem Entlastungspaket: Preise für Benzin und Diesel weiter im Höhenflug

Seit diesen Höchstständen sind die Preise für Benzin und Diesel bis Mitte April wieder um die Hälfte ihres Zuwachses gesunken. Allerdings steigen die Spritpreise derzeit aber wieder an. Daran ändert der erwartete Tankrabatt aus dem Entlastungspaketes 2022.

Laut aktueller Auswertung des ADAC kostet ein Liter Super E10 im bundesweiten Mittel aktuell 2,002 Euro, das sind 4,8 Cent mehr als in der Vorwoche. Von Anfang April bis Anfang Mai hatte Super E10 stets weniger als zwei Euro je Liter gekostet.
Noch stärker ist der Anstieg bei Diesel. Für einen Liter müssen Autofahrer derzeit im Schnitt 2,075 Euro bezahlen – ein Anstieg von 5,6 Cent. Ob und wie sich der Run auf die Tankstellen darstellt, wird sich noch zeigen.

Oder vielleicht lassen sich viele Pendler aufgrund der möglichen Preise doch noch abschrecken und steigen bereits zum möglichen Vorverkauf des 9-Euro-Tickets auf das günstige Monatsticket im ÖPNV und Regionalverkehr um.

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