Wie sich Angehörige von Menschen mit Depression verhalten sollten
Viele Menschen sind von einer Depression betroffen. Doch wie geht es dabei eigentlich den Angehörigen? Und: Wie sollten sich diese am besten verhalten?
Berlin – Das wird jeder Mensch kennen: Tage oder Phase, in denen man sich einfach nur traurig, schlecht gelaunt oder lustlos fühlt. Phasen, die schnell wieder vorüberziehen können. Wenn das Stimmungstief jedoch länger als zwei Wochen anhält, kann das auf eine psychische Erkrankung hindeuten. Um genau zu sein: auf eine Depression.
Laut Schätzungen vom Bundesgesundheitsministerium erkrankt allein in Deutschland jede fünfte Person einmal in ihrem Leben an ihr – mindestens einmal. Auf viele Menschen kann das sogar mehrmals zutreffen. Doch wie sollten sich Angehörige von Menschen eigentlich verhalten, die unter einer Depression und all ihren Symptome leiden?
Welche Schwierigkeiten können bei einer Depression in Familie und Partnerschaft auftreten?
Natürlich kann es sein, dass man in seinem engsten Freundes- oder Familienkreis mit einer Depression konfrontiert wird. Wer sogar mit einem depressiven Angehörigen zusammenlebt, für den kann die Situation psychisch sehr belastend sein und auch enorm viel Kraft kosten. Ein früher einmal lebenslustiger Mensch ist auf einmal ständig niedergeschlagen, fühlt sich innerlich leer, hat keinen Antrieb mehr hat und verliert das Interesse an allem.

Sollte der Betroffene keine Gefühle mehr für andere empfinden und sich nahestehenden Menschen gegenüber gleichgültig verhalten, kann das für Angehörige besonders belastend sein. Die repräsentative Befragung „Auswirkungen der Depression auf Partnerschaft und Familie“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe von 2018 hatte ergeben, dass 84 Prozent der Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, sich aus sozialen Beziehungen zurückziehen.
Die Depression würde sich negativ auf die Partnerschaft auswirken. 84 Prozent von ihnen gaben an, sich von ihrem Partner unverstanden gefühlt und von ihm Vorwürfe bekommen zu haben, 83 Prozent erlebten Streit und Konflikte – und bei 45 Prozent kam es zu einer Trennung, berichtet der Verband Pro Psychotherapie.
Wie kann man Angehörige mit Depressionen möglichst gut unterstützen?
Das wirft zwangsläufig die Frage auf, wie Angehörigen oder Partnern – oder selbst Kindern –, die unter einer Depression leiden, am besten geholfen werden kann. Hierbei gilt es grundsätzlich einiges zu beachten:
- Eine Depression ist oft eine schwere psychische Erkrankung. Daher ist es wichtig, sich rechtzeitig professionelle Unterstützung zu suchen, beispielsweise bei einem ambulanten Psychotherapeuten oder Psychiater oder in einer psychiatrischen Klinik. Vor allem, wenn es den von einer Depression Betroffenen sehr schlecht geht, sie sich zunehmend zurückziehen oder sie Suizidgedanken oder -absichten plagen.
- Es sollte stets versucht werden, die Angehörigen zunächst einmal dazu zu motivieren, sich Hilfe zu suchen. Denn Menschen, die an einer Depression leiden, fällt dieser Schritt oftmals schwer. Dann ist es hilfreich, wenn Sie – sofern Ihr Angehöriger einverstanden ist – selbst einen Termin bei einem Arzt oder Psychotherapeuten vereinbaren und Ihren Angehörigen zu dem Termin begleiten.
- Wenn sich Ihr Angehöriger immer mehr zurückzieht, sich niedergeschlagen fühlt oder zu nichts mehr aufraffen kann, dann sollten Sie ihn darauf ansprechen. Im Gespräch sollten Sie der von einer Depression betroffenen Person deutlich machen, dass Sie sich um sie Sorgen machen und gemeinsam überlegen, was sie tun können.
- Generell ist es hilfreich, Ihrem Angehörigen immer wieder ein Gespräch anzubieten. Sie sollten Verständnis für seine oder ihre Situation aufbringen. Nehme Sie seine oder ihre Depression ernst, ohne die Erkrankung dabei zu dramatisieren.
- Niedergeschlagenheit, Gleichgültigkeit oder Antriebslosigkeit sind typische Merkmale der Depression und kein Zeichen persönlicher Schwäche. Das sollten Sie sich selbst, aber vor allem auch Ihrem Angehörigen klarmachen. Denn auch wenn Ihr Angehöriger sich zurückzieht, keine Gefühle mehr zeigt, Unterstützung ablehnt oder Lob entwertet, sind das Symptome der Depression – und keine Lieblosigkeit oder böser Wille.
- Enorm wichtig ist es aber auch, dem Angehörigen Mut zuzusprechen, dass er oder sie die Depression überwinden wird. Man sollte Betroffene immer wissen und spüren lassen, dass sie nicht allein sind, sondern von Ihnen Unterstützung erhalten.
- Da es Ihrem Angehörigen schwerfällt, sich zu Aktivitäten aufzuraffen, ist es hilfreich, ihn immer wieder zu ermuntern und zu motivieren. Noch besser kann es sein, Dinge gemeinsam anzugehen, zum Beispiel gemeinsam spazieren zu gehen oder die Einkäufe zu erledigen. Vermeiden sollten Sie hingegen Aufforderungen wie „Reiß dich zusammen“ oder „Stell dich nicht so an“. Schließlich fällt es depressiven Menschen schwer, anders zu handeln.
- Depressive Symptome können durch Sport und körperliche Aktivität im Allgemeinen gelindert werden. Deshalb sollten Sie Ihren Angehörigen dazu motivieren, sich regelmäßig zu bewegen, zum Beispiel täglich eine halbe Stunde spazieren zu gehen.
Wie soll ich mich verhalten, wenn sich ein Angehöriger mit Depression das Leben nehmen möchte?
Eine Depression ist einer der Hauptgründe dafür, dass sich ein Mensch das Leben nimmt. Nicht selten kommt es vor allem bei schweren Depressionen zu einem Suizid. 10 bis 15 Prozent der Betroffenen nehmen sich das Leben, heißt es vom Verband Pro Psychotherapie.
Natürlich begleitet viele Angehörige der Gedanke, dass ein depressiver Angehöriger sich etwas antun könnte. Wie aber sollte man sich verhalten und reagieren, wenn beobachtet oder vermutet wird, dass ein Angehöriger mit dem Gedanken spielt, sich das Leben zu nehmen?
- Solche Gedanken oder Andeutungen sollten immer ernst genommen werden. Sprechen Sie mit ihrem Angehörigen über das Thema. Sie sollten ihm zuhören und ihm zeigen, dass Sie seine Verzweiflung nachvollziehen können. Trauen Sie sich auch, konkret nachzufragen, etwa, ob ihn Gedanken umtreiben, sich das Leben zu nehmen. Durch ein solches Gespräch kann sich Ihr Angehöriger entlastet und verstanden fühlen.
- Sie sollten einem Menschen in Ihrem Umfeld, der an einer Depression leidet, nicht seine Gedanken ausreden. Doch versuchen Sie gleichzeitig, ihm behutsam zu zeigen, dass es Alternativen gibt. Etwa, dass es ihm bessergehen kann, wenn er sich professionelle Hilfe sucht. Machen Sie ihm klar, dass Sie an eine Besserung glauben und dass Sie weiterhin für ihn da sein werden.
- Es sollte aber auch auf Warnzeichen geachtet werden, die auf Suizidabsichten hinweisen können. Das kann sich darin äußern, dass Ihr Angehöriger häufig darüber spricht, wie hoffnungslos alles ist und dass er nicht mehr leben möchte – oder dass er bereits über konkrete Gedanken oder die Absicht spricht, sich das Leben zu nehmen.
- Weitere Warnzeichen können sein, dass der Betroffene sich vor Menschen und Aktivitäten zurückzieht, dass er wichtige Angelegenheiten regelt (zum Beispiel sein Testament macht) oder auch, dass sich sein Verhalten unerwartet ändert und er plötzlich aktiver und weniger niedergeschlagen wirkt.
- Wenn Sie befürchten, dass Ihr Angehöriger sich das Leben nehmen könnte, versuchen Sie zunächst, ihn zu überzeugen, sich freiwillig professionelle Hilfe zu suchen. So kann er einen Termin bei einem Psychotherapeuten oder Psychiater vereinbaren oder freiwillig in eine psychiatrische Klinik gehen. Natürlich können Sie auch gemeinsam mit ihm in die Notfallambulanz oder die Notaufnahme einer psychiatrischen Klinik fahren. Wenn der Betroffene nicht dazu bereit sein sollte, dann sollten Sie selbst zügig einen Arzt oder Psychotherapeuten anrufen und um Rat fragen.
- Sollt eine akute, erhebliche Gefahr bestehen, dass Ihr Angehöriger sich etwas antut, dann kontaktieren Sie den Notarzt (112) und eventuell zusätzlich auch die Polizei (110). Zudem gibt es in einigen Regionen Krisendienste, die in solch einer prekären Situation zu dem Betroffenen nach Hause kommen. Lassen Sie Ihren Angehörigen nicht allein, bis Hilfe eintrifft und bleiben Sie ständig mit ihm in Kontakt, um ihn zu beruhigen und abzulenken.
* Redaktionelle Anmerkung: Sollten Sie selbst unter Depressionen leiden oder Menschen kennen, die unter Selbstmordgedanken leiden, können Sie sich bei der Telefonseelsorge melden. Diese ist unter 0800/111-0-111 sowie 0800/111-0-222 zu erreichen. Die Online-Adresse lautet www.telefonseelsorge.de.