Was spricht gegen die Corona-Impfung? Die Argumente von Impfgegnern im Faktencheck

Impfen oder nicht impfen? Die Antwort auf diese Frage ist für viele Impfgegner klar. Aber ist an ihren Gründen gegen die Corona-Impfung überhaupt was dran?
Berlin – „Sind Sie geimpft?“ Drei Worte, die angesichts der aktuell ausufernden Coronavirus-Pandemie in Deutschland die Gemüter spalten. Auf der einen Seite gibt es jene Mediziner, Wissenschaftler und Politiker, die die Bürger zur Impfung gegen das Coronavirus aufrufen. Und natürlich jene 56,7 Millionen Menschen in Deutschland, die diesem Aufruf bislang gefolgt und vollständig geimpft sind.
Das entspricht etwa 68,2 Prozent der Gesamtbevölkerung. Auf der anderen Seite stehen allerdings – abgesehen von den Kindern, für die es ab Dezember einen zugelassenen Impfstoff geben soll – noch knapp 15 Millionen Deutsche, die sich schlicht nicht impfen lassen wollen.
Krankheit: | Covid-19 |
Erkrankte in Deutschland (Stand 16.11.2021): | 5,09 Millionen |
Geimpfte in Deutschland (Stand 16.11.2021): | 56,2 Millionen |
Impfungen gegen das Coronavirus in Deutschland: Zwei Drittel verweigern die Spritze definitv
Und das ist keine Momentaufnahme, sondern könnte so bleiben. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums wollen Zweidrittel der Ungeimpften sich definitiv nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. 89 Prozent der insgesamt 3000 Befragten gaben sogar an, sich selbst dann nicht impfen lassen zu wollen, wenn sich die Lage auf den Intensivstationen wie in Niedersachsen weiter zuspitzen sollte.
Kein Wunder also, dass die Impfbereitschaft kaum zunimmt, obwohl wir bereits an diesem Punkt angekommen sind. Aber woher kommt eigentlich diese große Skepsis – und ist sie berechtigt? Die beliebtesten Argumente von Impfgegnern und Impfskeptikern im Faktencheck von kreiszeitung.de.
Corona-Impfung: Langzeitstudien zu möglichen Nebenwirkungen der Impfstoffe fehlen
Argument: „Es fehlen Langzeitstudien über Nebenwirkungen der Impfstoffe“.
Hintergrund: Erst kürzlich hat Bayern-Fußballer Joshua Kimmich mit seinem Statement zur Corona-Impfung für Kritik gesorgt*. Im Interview mit dem TV-Sender Sky sagte er, dass er sich noch nicht gegen das Coronavirus hat impfen lassen. Sein Hauptargument: Das Fehlen von Langzeitstudien. Damit schlägt der Fußballstar in die gleiche Kerbe wie zahlreiche Impfskeptiker. Sie alle fürchten sich vor Langzeitfolgen durch die Impfung.
Faktencheck: Langzeitstudien sind natürlich durch die schnelle Zulassung der Impfstoffe nicht möglich gewesen, das ist soweit erstmal korrekt. Mittlerweile laufen entsprechende Studien aber, die sich allerdings vornehmlich um die Wirksamkeit des Impfstoffes und weniger um die dubiosen Nebenwirkungen kümmern. Das liegt vor allem daran, dass die Nebenwirkungen von Impfstoffen bereits wenige Tage bis Wochen nach Verabreichung der Injektion auftreten – und nicht erst nach Jahren. Denn dann ist der Stoff schon lange nicht mehr im Körper und kann dementsprechend auch keinen Schaden anrichten.
Impfdurchbrüche und steigende Corona-Inzidenz: Bringt die Impfung überhaupt was?
Argument: „Die Impfung bringt nichts, ich kann ja trotzdem krank werden“.
Hintergrund: Mit steigenden Infektionszahlen kommt es auch immer wieder zu Impfdurchbrüchen*. Heißt: Menschen mit vollem Impfschutz erkranken an dem Coronavirus, einige von ihnen landen sogar im Krankenhaus. Laut Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) waren Anfang November etwa 23 Prozent der hospitalisierten Erwachsenen unter 60 Jahren und 45 Prozent der über 60-Jährigen im Krankenhaus geimpft. Viele Impfgegner und Impfskeptiker sehen sich in ihrer Argumentation dadurch bestärkt. Für sie ist klar: Die Impfung schützt mich nicht ausreichend vor dem Coronavirus, also kann ich es auch ohne riskieren.
Faktencheck: Impfdurchbrüche sind bittere Realität. Allerdings war seit Beginn der Impfkampagne klar, dass keiner der zugelassenen Impfstoffe 100-prozentigen Schutz bietet. Die aggressivere und ansteckendere Delta-Variante* erschwert das Ganze noch zusätzlich. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Impfeffektivität laut dem Robert Koch-Institut (RKI) bei Menschen unter 60 Jahren zwischen 88 und 93 Prozent und bei der Ü-60-Generation zwischen 85 und 92 Prozent liegt.
Wenn Geimpfte am Coronavirus erkranken, was durchaus möglich ist, dann haben sie in der Regel aber einen deutlich leichteren Verlauf als Ungeimpfte. Die Tatsache, dass es Ausnahmen gibt, als Argument dafür zu nehmen, sich erst gar nicht impfen zu lassen, bedient sich wiederum einer verdrehten Logik. Würde man diese auf andere Lebensbereiche anwenden, dann wäre auch der Torwart überflüssig und die Flügel am Flugzeug nur Deko – denn Flugzeuge stürzen manchmal trotzdem ab und auch dem besten Torwart geht mal ein Ball ins Netz. Aber es gibt eine andere, belegte, Möglichkeit, seinen Schutz vor dem Coronavirus und vor Impfdurchbrüchen zu steigern: Die Booster-Impfung spätestens sechs Monate nach der zweiten Spritze.
Zögern bei Biontech und Moderna: Verändert der mRNA-Impfstoff mein Erbgut?
Argument: „Die mRNA-Impfstoffe verändern meine Gene und mein Erbgut“.
Hintergrund: Die neuartigen mRNA-Impfstoffe verabreichen dem Körper einen Bauplan für ein Protein des Coronavirus. Damit greifen sie minimal in die genetischen Prozesse des Körpers ein. Verschwörungstheoretiker sehen darin einen großen Eingriff in die eigene Lebenswelt und haben Gerüchte über Chips oder Implantate verbreitet. Was geblieben ist, ist großes Misstrauen den Impfstoffen von Biontech und Moderna* gegenüber. Viele Menschen fürchten, ihr Genmaterial nachhaltig zu schädigen.
Faktencheck: mRNA-Moleküle, wie sie auch in den entsprechenden Corona-Impfstoffen enthalten sind, sind unserem Körper nicht fremd. Im Gegenteil: In unseren Zellen sind permanent zehntausende mRNA-Moleküle aktiv. Dass ausgerechnet dieses eine mRNA-Molekül mit dem Bauplan für das Spike-Protein des Coronavirus sich nachhaltig auf unsere Zellen und damit auf unser Erbgut auswirkt, ist wissenschaftlich so gut wie ausgeschlossen. Die Entwicklung der mRNA-Impfstoffe ist eigentlich sogar etwas sehr Positives: Wissenschaftler und Mediziner forschen schon daran, mit der Technologie auch andere Krankheiten wie beispielsweise Krebs behandeln zu können.
Jung, gesund und keine Angst vor dem Coronavirus – zu Recht oder nur naiv?
Argument: „Ich bin jung, fit und gesund. Ich stecke eine Corona-Infektion locker weg“.
Hintergrund: Junge Menschen ohne Vorerkrankungen gehören nicht zur Hochrisikogruppe für das Coronavirus. Viele Jugendliche gehen deshalb äußerst entspannt mit der Pandemie um*. Während sich viele trotzdem aus Solidarität haben impfen lassen, verzichten einige nach wie vor auf den Impfschutz, weil sie schlichtweg den Nutzen für sich selbst nicht sehen.
Faktencheck: Die letzten zwei Jahre Pandemie haben eines sehr deutlich gezeigt: Das Coronavirus ist unberechenbar. Immer wieder gibt es Fälle von jungen Menschen, die ohne erkennbaren Grund mit einer Coronavirus-Infektion auf der Intensivstation landen oder an anhaltenden Symptomen – dem sogenannten Long Covid* – leiden. Sich wegen seines Alters oder seiner Grundgesundheit in Sicherheit zu wiegen, ist deshalb schlicht ein Trugschluss.
Herdenimmunität in Deutschland: Darf ich mich beim Impfen auf die anderen verlassen?
Argument: „Es sind genug andere Menschen geimpft, da brauche ich das nicht auch noch machen“.
Hintergrund: Herdenimmunität wurde zwischenzeitlich als Ausweg aus der Pandemie angepriesen. Mittlerweile sind 68,2 Prozent der Deutschen durchgeimpft. Grund genug für einige Impfskeptiker, sich aus der Affäre zu ziehen.
Faktencheck: Ein wacher Blick auf die aktuellen Entwicklungen der Coronavirus-Pandemie zeigt, dass wir von Herdenimmunität offensichtlich noch weit entfernt sind. Die ursprünglich angestrebten 70 Prozent Geimpften reichen nicht mehr aus, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Wegen der aggressiveren Delta-Variante brauchen wir laut Experten eine Impfquote von mindestens 85 Prozent. Und auch dann sollte sich jeder Ungeimpfte einer Sache bewusst sein: Wer nicht geimpft ist, der wird wohl oder übel irgendwann am Coronavirus erkranken. (Stand der Daten vom Robert Koch-Institut: 25. November 2021) * kreiszeitung.de, 24hamburg.de, echo24.de und tz.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA.