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Früh, schnell, günstig: Blut- und Urintest soll 14 Krebsarten erkennen können

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Von: Andree Wächter

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Forscher können angeblich 14 Krebsarten anhand einer Blut- und Urinprobe frühzeitig erkennen. Experten sind skeptisch, langfristig könnte es klappen.

Es ist eine Meldung, die durchaus Nobelpreis verdächtig ist: Forscher wollen eine neue Methode zur Früherkennung von Krebs entwickelt haben. Dies würde die Krebsfrüherkennung auf ein neues Level heben. Auf der Seite der Krebshilfe heißt es dazu: Je früher eine Krebskrankheit erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Chancen, geheilt zu werden. Frühe Stadien lassen sich meist erfolgreicher und auch schonender behandeln als späte Stadien, in denen möglicherweise sogar schon Tochtergeschwülste (Metastasen) entstanden sind.

Bis jetzt gab es je nach Krebsart, zum Beispiel Darmkrebs, unterschiedliche Untersuchungen, die auch unterschiedlich teuer und aufwendig waren. Mit der in Schweden entwickelten Methode sollen 14 verschiedene Krebsarten erkannt werden. Die Vorteile: Der Test ist einfach und schnell durchzuführen. Des Weiteren soll er nur rund 50 Dollar kosten. Der Nachteil ist, dass die Aussagekraft noch nicht so stark ist wie die einer Gewebeprobe.

Krebsfrüherkennung bei Krebs: Forscher entwickeln Blut- und Urintest

Die Forscher haben ein Verfahren entwickelt, welches auf der Analyse von Zuckerverbindungen, sogenannten Glykosaminoglykanen (GAG), beruht. Diese können im Blut und Urin nachgewiesen werden. Liegt ein Tumor vor, verändert sich die Struktur der GAG, wodurch sich gesunde Menschen von Krebspatienten unterscheiden lassen. Die Methode veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachblatt „PNAS“.

In Blut- und Urinproben soll ein neuer Test 14 Krebsarten frühzeitig erkennen. (Symbolbild)
In Blut- und Urinproben soll ein neuer Test 14 Krebsarten frühzeitig erkennen. (Symbolbild) © imago/Shotshop

Bei dieser Flüssigbiopsie untersuchten die Forscher 1260 gesunde sowie erkrankte Probanden. Anschließend verglichen die Forscher die GAG-Muster im Blut und Urin von Krebspatienten mit den jeweiligen Mustern von gesunden Menschen, um eine Vorhersagemethode für verschiedene Krebsarten zu entwickeln. Mit dieser Methode konnten in einem ersten Schritt (Blutanalyse) 41,6 Prozent Menschen mit Krebs diagnostiziert werden. Nach einer folgenden Urinprobe stieg der Wert auf 60 Prozent. Die Ergebnisse glichen die Forscher mit einer Blutbank sowie einem Mausmodell ab.

Deutsche Experten optimistisch für Krebsfrüherkennungsmethode – Restzweifel bleibt

Deutsche Experten sind verhalten optimistisch, dass diese Krebsfrüherkennungsmethode zeitnah flächendeckend eingeführt werden kann. Almut Schulze vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg hält die vergleichsweise einfache Analyse grundsätzlich für praxistauglich. Alternative, vor allem experimentelle Testverfahren, sind laut Schulze deutlich teurer und nur eingeschränkt einsetzbar, sagte sie dem Focus. Allerdings ist die GAG nicht so komplex wie eine DNA.

„Hervorzuheben ist auch, dass die Autoren ihre Methode in einem Mausmodell noch einmal überprüft haben“. Das Mausmodell hat laut Schulze aber auch Schwachpunkte: Es weist Limitationen auf. Denn den Mäusen wurde per operativem Eingriff die Tumorzelle, also der Krebs implementiert. „Es wurden keine genetisch veränderten Mäuse verwendet, in denen Tumore spontan entstehen, was der menschlichen Erkrankung ähnlicher ist. Durch den Eingriff dürfte es zu Entzündungsreaktionen im Mauskörper gekommen sein, was das Testergebnis ebenfalls verfälschen könnte“, sagte Schulze.

Häufige Krebsarten

Brust (30 Prozent, Frauen)

Prostata (24,6 Prozent, Männer)

Darm (11,5 Prozent Frauen / 12,8 Prozent Männer)

Lunge (9,4 Prozent Frauen / 13,3 Prozent Männer)

Haut (4,7 Prozent Frauen / 4,5 Prozent Männer) Quelle: Krebsdaten.de

Daneben zeige die Studie noch eine weitere Schwäche auf. Schulze bezieht sich auf Störfaktoren wie mögliche Vorerkrankungen, die die Aussagekraft des Tests verfälschen, weil sich die GAG ebenfalls verändern und so zu möglicherweise falsch positiven Tests führen können.

Auch Edgar Dahl vom Institut für Pathologie am Uniklinik Aachen betont im Focus, dass vor einer regelhaften Anwendung des Tests in der Praxis zunächst eine „umfangreiche Validierung in großen prospektiven Studien“ durchgeführt werden müsste. „Die Spezifität von 95 Prozent klingt zwar erstmal gut, würde aber für einen diagnostischen Screening-Test heißen, dass jeder 20. Patient falsch positiv bewertet würde; bei einer Million Getesteten wären dies 50.000 Personen“, so der Experte. Bis der Urin- und Bluttest anwendungstauglich ist, wird es wohl noch etwas dauern.

Früherkennung bei mehreren Krebsarten: Krebsforscher setzten auf DNA

Im Urin nach Krebszellen zu suchen, ist kein neuer Ansatz. Bereits 2018 veröffentlichten Forscher der Christian-Albrechts-Universität in Kiel erste Ergebnisse. Allerdings war ihr Forschungsansatz die DNA und nicht die GAG. In der Ärztezeitung heißt es: Bei den Urintests schielen die Forscher auf eine einfachere Anwendbarkeit im Vergleich zu Bluttests. Statt eines unangenehmen Piks müsse der Patient nur eine Urinprobe abgeben. Auch ist für die Probe kein medizinisches Personal notwendig, was den Test günstiger macht. Zudem ist die Analyse wohl auch schneller.

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