So groß war 2022 der Schaden durch falsche Polizisten in Norddeutschland

Der Schaden durch als Polizisten getarnte Trickbetrüger war 2022 in Norddeutschland so hoch wie noch nie. Es geht um Millionenbeträge.
Hannover – Wenn das Telefon klingelt, sollten vor allem Senioren sehr vorsichtig sein. Denn alleine in Norddeutschland hat es im vergangenen Jahr mehr als 12.800 Fälle von Trickbetrügern gegeben, die sich am Telefon beispielsweise als Polizisten ausgegeben haben und ihre meist betagten Opfer um Erspartes und Wertgegenstände bringen wollten oder sogar gebracht haben. Das berichtet der NDR.
Als Polizisten getarnte Trickbetrüger erbeuten allein in Niedersachsen 4,5 Millionen Euro – mindestens
Demnach haben die Täter dabei insgesamt etwa 8,6 Millionen Euro erbeutet. Bei rund 300 Fällen, in denen den Opfern tatsächlich ein Schaden entstanden ist, erbeuteten die Täter somit im Schnitt rund 27.000 Euro pro erfolgreichem Fake-Anruf. Mehr als die Hälfte der Taten und des Schadens entstand dabei in Niedersachsen.
Laut Landeskriminalamt (LKA) erbeuteten die Täter dort mindestens 4,5 Millionen Euro in 200 Fällen. Weitere 2,1 Millionen Euro ergaunerten sie in 55 Fällen in Hamburg. In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kommen sie zusammen auf mehr als 1,8 Millionen Euro in 53 Fällen.
Trickbetrüger und falsche Polizisten: So gehen sie gegen ihre Opfer vor
Laut NDR-Recherche sitzen die Täter meistens im Ausland, oftmals operieren sie aus der Türkei. Sie gehen gut organisiert vor, wird ein Insider zitiert. Ein Mittäter in Deutschland holt das Geld ab, das der Anrufer den Opfern abgeschwatzt hat. So behaupten sie beispielsweise, dass es in der Nachbarschaft wiederholt zu Einbrüchen gekommen sei und empfehlen, Wertgegenstände und Bargeld zur Sicherheit der Polizei zu übergeben.
Die Täter suchen dabei über ein Telefon gezielt nach Menschen, deren Namen auf Senioren passen, und spähen online die Nachbarschaft aus. Sie wenden psychologische Tricks an.
Call ID Spoofing: Wie Trickbetrüger die Telefonnummern der Polizei imitiieren
Für den Anrufer ist dabei nicht ersichtlich, ob es sich wirklich um die Polizei oder um Betrüger handelt. Mittels sogenanntem „Call ID Spoofing“ können die Täter Telefonnummern imitieren. Ist der Schaden erst einmal angerichtet und das Geld fort, sind die Chancen gering, es jemals wiederzusehen.
Dennoch gelingen den Ermittlern immer wieder Erfolge im Kampf gegen Trickbetrüger. Im September 2022 sind in der Türkei 67 Betrüger verurteilt worden, teilweise zu mehren Hundert Jahren Haft. Auch in Niedersachsen sind vermeintliche Betrüger ins Visier der Ermittler geraten.
So verhalten Sie sich bei Anrufen unbekannter Telefonnummern
Die Polizei und verschiedene Sicherheits-Experten geben Tipps im Umgang mit unbekannten Anrufern.
- Immer skeptisch sein: Lassen Sie sich von Unbekannten am Telefon nicht in längere Gespräche vermitteln. Rufen Sie Verwandte oder Bekannte auf ihr Haus- oder Mobiltelefon zurück, wenn Sie sich nicht sicher sind. Haben Sie die Rufnummern ihrer Verwandten aufgeschrieben in der Nähe parat und gleichen Sie sie mit der Nummer im Display ab. Legen Sie im Zweifel einfach auf.
- Keine privaten Informationen rausgeben: Geben Sie niemals private Informationen an andere weiter, erst recht nicht über Ihre finanzielle Situation. Die Polizei erfragt solche Informationen niemals telefonisch.
- Die Polizei informieren: Wenn Sie den Verdacht haben, von Trickbetrügern angerufen worden zu sein, rufen Sie sofort die Polizei an. Möglicherweise ist sie bereits darüber informiert, ob bei Ihnen in der Gegend aktuell häufiger solche Anrufe durchgeführt werden. Informieren Sie auch einen Verwandten oder Bekannten, dem Sie vertrauen.
- Niemals Wertgegenstände oder Bargeld übergeben: Geben Sie keinen fremden Menschen Geld oder Wertgegenstände. Die Polizei würde niemals Geld oder Wertgegenstände annehmen. Deponieren Sie nirgendwo Geld oder Wertgegenstände, auch nicht für vermeintliche Bekannte.
- Niemanden in die Wohnung lassen: Lassen Sie keine Fremden in die Wohnung. Sollten Polizisten vor der Tür stehen, lassen Sie sie ein paar Minuten vor der verschlossenen Tür warten und erkunden Sie sich telefonisch in der Polizeidienststelle vor Ort.
Sollten Sie Opfer eines betrügerischen Anrufs geworden sein und Geld oder Wertgegenstände verloren haben, erstatten Sie Anzeige bei der Polizei. Sprechen Sie mit Ihnen vertrauten Personen darüber. Hilfe erhalten Opfer beim Weißen Ring, der ein Opfer-Telefon betreibt und berät: 116 006.