Corona, RSV und Grippe gehen um: Experten warnen vor Eskalation in Deutschland
Gleich eine Dreifach-Viruswelle mit Corona, RSV und Grippe-Viren fegt durch Österreich. Wie die Lage in Deutschland ist – und wie man sich schützen kann.
Wien – Der Winter kann hart werden. Nachdem Frankreich bereits den Notfallplan wegen des RS-Virus ausgerufen hatte, breitet sich nun eine Triple-Virus-Welle von Atemwegserkrankungen mit dem Coronavirus, dem RS-Virus und dem Grippe-Virus in Österreich aus, wie der ORF am Dienstag, dem 29. November, meldete. Besonders betroffen sind Babys und Kleinstkinder, was bereits zu einer starken Belastung der Ambulanzen und Krankenhäuser führt. Doch auch der Bundessprecher des Berufsverbands der deutschen Kinder- und Jugendärzte, Dr. Jakob Maske, schlägt bereits Alarm.

Triple-Viruswelle überrollt Österreich: Corona, RSV und Influenza
Doppelwellen gab es im Winter auch vor der Corona-Pandemie regelmäßig – nun aber gebe es eine Triple-Welle, sagte der Kinderarzt und Infektiologe Volker Strenger von der MedUni Graz dem österreichischen Sender. In den letzten beiden Jahren der Pandemie seien die sonst für die Saison typischen – von RS-Viren und Influenza ausgelösten – Erkrankungen weitgehend ausgeblieben – aufgrund von Maskenvorschriften, Abstandsregeln und Lockdowns. Nun aber trifft die Welle samt neuer Corona-Variante BQ.1.1, die auch in Deutschland grassiert, das Land mit voller Wucht.
Nach RSV habe auch die Verbreitung des Influenzavirus in der Alpenrepublik letzte Woche offiziell epidemisches Ausmaß erreicht, so die Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien gegenüber ORF.at. Vor allem Kinder werden vermehrt in Krankenhäuser aufgenommen. Dort werden Betten knapp. Doch auch deutsche Kinderkliniken sind ob der Welle von Atemwegsinfekten am Limit, „katastrophale“ Zustände werden beschrieben.
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV)
Das RSV ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern. In Saisonalität und Symptomatik ähneln RSV-Infektionen der Influenza.
Ihre Verbreitung in der Allgemeinbevölkerung wurde lange Zeit unterbewertet. Nach aktuellen Schätzungen kommen RSV-Atemwegserkrankungen jedoch weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1.000 Kindern im ersten Lebensjahr vor.
Infektions-Welle mit RS-Virus: Ist die geringere Immunität der „Corona“-Babys schuld?
Die hohen Infektionszahlen mit dem RS-Virus bei Kleinstkindern könnten durchaus auch durch die geringere Immunität der „Corona“-Babys bedingt sein. PD Dr. Martin Wetzke, Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und Oberarzt der Abteilung für pädiatrische Pneumologie und Allergologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, erklärte gegenüber kreiszeitung.de: „Die Weitergabe des immunologischen Gedächtnisses von Schwangeren an ihre Ungeborenen ist wichtig“, so der Kinderarzt. „Und durch die Distanzierungsmaßnahmen sind nicht nur (werdende) Mütter, sondern auch ihre Babys mit weniger Immunität auch dem RV-Virus gegenüber gerüstet.“
RSV-Welle und Corona trifft auch Deutschland: „Kinderkliniken und Ambulanzen sind am Limit“
Dr. Jakob Maske, Bundessprecher des BVKJ und niedergelassener Kindermediziner, bestätigt auf Nachfrage von kreiszeitung.de auch für Deutschland eine „Anhäufung von Infekten“. Die Kinder seien teilweise „rund um die Uhr krank“, so Maske. Derzeit gleiche seine Tätigkeit in der Praxis eher einem „Durchschleusen“. „Auch die Kliniken und Ambulanzen sind am Limit. Das war aber schon lange absehbar. Es gibt jeden Herbst und Winter diese Peaks der Infektionswellen, aber dieses Jahr sind sie besonders früh“, erklärt der Arzt. „Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben“, sagte ein Kollege, der Kinder-Intensiv- und Notfallmediziner Prof. Florian Hoffmann dazu der dpa.
Wie man sich gegen Erkrankungen wie das RS-Virus, COVID-19 und die Grippe schützen kann
Bei Symptomen daheim bleiben: Wer Erkältungssymptome hat, sollte zu Hause bleiben, Kontakte meiden und sich bis zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik auskurieren (3–5 Tage).
Infektionen behandeln lassen und wissen, wo es Hilfe gibt: Bei einer Infektion sollte man den Krankheitsverlauf gut beobachten. Wenn Symptome stärker werden, die Hausarztpraxis oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Telefon: 116117) informieren.
Häufig und „smart“ lüften: Innenräume, in denen man sich mit anderen befindet, regelmäßig stoßlüften. Das gilt für alle Innenräume – auch bei der Arbeit und bei privaten Treffen zu Hause.
In Innenräumen: Maske tragen: Das Tragen einer Maske ist eine einfache und gut erprobte Möglichkeit, sich selbst und andere vor Infektionen zu schützen
Ans eigene Umfeld denken: Ältere Personen und Personen mit bestimmten Vorerkrankungen haben bei Atemwegserkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Bei einer akuten Atemwegserkrankung schützt man sein Umfeld am besten, indem man den persönlichen Kontakt bis zur Genesung vermeidet – vor allem zu älteren Menschen und Personen mit bestimmten Vorerkrankungen. Warten Sie, bis die Symptome abgeklungen sind, um Ansteckungen zu vermeiden!
Gegen schwere Erkrankung schützen: Das beste Mittel zur Vorbeugung schwerer Krankheitsverläufe ist die Impfung. Auch wenn bereits eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht wurde, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), sich impfen zu lassen.
Quelle: Robert-Koch-Institut, September 2022
RKI bestätigt: RSV, Corona und Grippe haben auch Deutschland im Griff
Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) bestätigt: Die Zahl akuter Atemwegserkrankungen steigt deutlich an. Sieben Millionen Deutsche sind inzwischen erkrankt, weit mehr als vor der Pandemie zu dieser Jahreszeit üblich. Nach dem Wochenbericht der KW 46 des Instituts explodiert auch hierzulande der Anteil der Infektionen mit Influenzaviren (29 %) und RS-Viren (24 %). Die Verbreitung von SARS-CoV-2 ist dagegen bisher noch stabil (5 %). Ein rasanter Anstieg von Grippefällen wurde auch in Niedersachsen beobachtet. Eine „steigende Influenzavirus- und RSV-Aktivität wird auch aus anderen Ländern in Europa berichtet“, so das RKI.
Wir haben die Situation, dass nicht mehr alle Kinder versorgt werden können. Eine Lage, die ohnehin schon schlecht war, entwickelt sich gerade zu einer dramatischen Situation.
Experte warnt: „Gesundheit und das Leben der Kinder sind ernsthaft in Gefahr“
Die aktuelle Atemerkrankungswelle verschärft die Lage vor allem in den Kinderkrankenhäusern, so Maske: „Wir haben die Situation, dass nicht mehr alle Kinder versorgt werden können. Eine Lage, die ohnehin schon schlecht war, entwickelt sich gerade zu einer dramatischen Situation.“ Das Gesundheitssystem stehe durch die jahrelange Einsparpolitik der Bundesregierung kurz vor dem Kollaps: „Es explodiert irgendwann. Die Gesundheit und das Leben der Kinder sind ernsthaft in Gefahr“, berichtet der Mediziner im Interview mit kreiszeitung.de. Hamburger Kinderärzte schrieben im November bereits einen Brandbrief: „Versorgung akut gefährdet“.
Vor allem bei Säuglingen unter vier Monaten und Kindern mit chronischen Erkrankungen kann eine Infektion mit RSV so schwer verlaufen, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. In Deutschland sorgte schon im vergangenen Jahr eine Infektionswelle durch RS-Viren, die verstärkt Kinder befallen, für große Sorge bei Kindermedizinern.
Triple-Viruswelle könnte in Deutschland zu großen Problemen führen
Nach den drei möglichen Szenarien für den Corona-Winter mit Omikron XBB und BQ.1.1 und dem Schreckgespenst der Twindemie – einem Zusammentreffen der Corona- mit der Grippewelle – steht nun also das Zittern vor der nächsten Herausforderung, der Triple-Viruswelle, an. Fest steht: Eine Dreifach-Viruswelle Welle dürfte in Deutschland zu großen Problemen führen, unabhängig vom Notstand in Praxen und Krankenhäusern. Denn auch bei der Versorgung mit Arzneien gibt es Riesenlücken. Der Deutsche Apothekerverband beklagte bereits Lieferengpässe bei wichtigen Medikamenten:„Lage ist schlimm“. Und das betrifft ganz besonders auch Fiebersäfte, Hustenmittel und Co.