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„Maßnahmen aus reiner Sorge“: Virologe Streeck schießt gegen Lauterbachs Corona-Regeln

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Von: Yannick Hanke

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Virologe Hendrik Streeck (links) schaut skeptisch drein. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schaut entgeistert zur linken Seite. Im Hintergrund weist ein Schild auf die Maskenpflicht hin.
Virologe Hendrik Streeck (links) knöpft sich die Corona-Regeln von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für den Herbst vor. © Federico Gambarini/dpa/Bernd Elmenthaler/Michael Gstettenbauer/imago/Montage

Was bringt der Corona-Herbst mit sich? Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht von steigenden Zahlen aus. Virologe Hendrik Streeck hält dagegen.

Berlin – Der Corona-Herbst mit einer neuen möglichen Welle naht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht immer wieder von einer „sehr schweren“ Pandemie-Zeit. Und auch der Virologe Christian Drosten gibt den Mahner und rechnet mit einer starken Corona-Welle noch vor Dezember. Das will sein Kollege Hendrik Streeck nicht wahrhaben. Er nimmt die Gegenposition ein und spricht gar von „Maßnahmen aus reiner Sorge“.

Corona in Deutschland: Virologe Hendrik Streck mit Kritik am Infektionsschutzgesetz von Karl Lauterbach (SPD)

Präventiv und mit Blick auf den Corona-Herbst in Deutschland hat der Bundestag das neue Infektionsschutzgesetz verabschiedet. Als letzte Instanz muss der Entwurf von Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann (FDP) am Freitag, 16. September 2022, nur noch durch den Bundesrat. Ein Maßnahmen-Katalog mit zum Teil altbekannten Corona-Regeln, der die Bevölkerung gut durch die kalte Jahreszeit leiten soll. Oder etwa nicht?

„Ihm ist deutlich anzumerken, dass er ein Kompromiss aus verschiedenen Ansichten des weiteren Umgangs mit der Pandemie ist“, heißt es in diesem Kontext von Hendrik Streeck gegenüber dem Focus. Der Virologe bemängelt das Fehlen von „Kohärenz“, hinsichtlich der Maskenpflicht könne er die Unterscheidung zwischen Zug und Flugzeug nicht verstehen. Positiv hebt Streeck jedoch hervor, dass es überhaupt ein Infektionsschutzgesetz gibt, nach dem die Länder handeln könnten.

Corona in Deutschland: „Nur aus Sorge etwas zu beschließen, wird nicht weiterhelfen“ – Streecks Sicht auf Impfung und Corona-Regeln

Was Virologe Hendrik Streeck, der sich gegen die 4. Impfung entschieden hat, in Bezug auf das Infektionsschutzgesetz von Karl Lauterbach fehlt: „Wie man bestimmte Krisen definiert“. Man hätte es nicht nur auf Corona beschränken, sondern auf eine gewisse Langfristigkeit achten sollen. Durch die „Krisen der Zukunft“ sollte es nämlich auch führen können. Grundsätzlich hält Streeck aber nichts davon, wenn Maßnahmen beschlossen werden, „die ausschließlich nur aus Vorsicht heraus begründet sind“. Und:

Denn nur aus Sorge etwas zu beschließen oder zu verbieten, wird uns nicht weiterhelfen. Hier ist Pragmatismus gefragt.

Virologe Hendrik Streeck spricht im Focus-Interview über das neue Infektionsschutzgesetz

Sind die im Infektionsschutzgesetz von Karl Lauterbach festgelegten Maßnahmen für den Corona-Herbst denn ausreichend? „Ja und nein“, meint Hendrik Streeck. Die Bürger wüssten nach zweieinhalb Jahren Pandemie gut genug, wie mit dem Virus umzugehen sei. Das müsse man positiv hervorheben, die Rede ist von „Eigenverantwortung“.

Massive Corona-Welle im Herbst in Deutschland? Streeck wegen guter Immunität skeptisch – schloss Impfung aus

Es könne laut Streeck auch gut sein, „dass die befürchtete, massive Welle ausbleibt“. Generell sei es richtig, sich vorzubereiten. Doch hätte man auch eine „ganze Reihe anderer Krisen“ und sollte sich nicht zu sehr von der einen leiten lassen. Seine Hoffnung, dass eine Corona-Welle ausbleibt, fußt auf der Immunität in der Bevölkerung.

„Allein in den Sommermonaten hatten geschätzt 30 Prozent der Menschen in Deutschland Kontakt mit dem Coronavirus, sodass es gut möglich ist, dass eine starke Herbst-Welle aus bleibt“, merkt Streeck an. Nichtsdestotrotz sei es gut, Vorbereitungen zu treffen. Und doch sollten Maßnahmen nur bei einer „konkreten Gefahrenlage“ eingesetzt werden. Die sehe der Virologe noch nicht.

Streeck blickt Corona-Herbst in Deutschland gelassen entgegen: „Haben nie kompletten Verlust des Immunschutzes“

Die angesprochene Gefahr könnte vor allem eine neue Corona-Variante darstellen. Unlängst wurde die Omikron-Sublinie BJ.1 entdeckt, über die aber noch wenig bekannt ist. Anders verhält es sich mit Omikron BA.5, der dominierenden Variante in Deutschland. Sie ist deutlich ansteckender als vorherige Varianten und könnte für die von Drosten und Lauterbach befürchtete Corona-Welle im Herbst sorgen.

Und doch zeigt sich Hendrik Streeck mit Blick auf eben jene Jahreszeit und vor dem Hintergrund möglicher neuer Varianten zuversichtlich: „Wir haben in der deutschen Bevölkerung inzwischen wahrscheinlich eine Immunität von mehr als 95 Prozent. Und diese Immunität richtet sich nicht nur gegen Bereiche, die mutieren, sondern auch gegen andere Abschnitte des Coronavirus. Darum haben wir nie einen kompletten Verlust des Immunschutzes“. Das lässt hoffen.

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