„Klimawandel macht krank“: Ärzte warnen vor schweren Auswirkungen auf Kinder

Der Klimawandel zerstört nicht nur unsere Umwelt, er macht auch krank. Besonders für Kinder kann die Klimakrise schwere gesundheitliche Folgen haben.
Göttingen – Der Klimawandel zieht dramatische Folgen nach sich, die teilweise jetzt schon spür- und sichtbar sind – das zeigen Analysen von Wissenschaftlern bereits seit Jahren. Zum einen steigt der Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse nehmen zu und Ökosysteme auf der Erde werden geschädigt, wodurch zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bereits ausgestorben sind.
Zum anderen wirkt sich der Klimawandel auch auf die Gesundheit des Menschen aus. Besonders bei Kindern kann die zunehmende Schadstoffbelastung in der Luft zu schweren allergischen Reaktionen führen.
Klimawandel fördert Krankheiten der Atemwege – besonders bei Kindern
An diesem Wochenende (12./13. November 2022) kommen in Göttingen rund 170 Kinderärzte und -ärztinnen aus deutschsprachigen Ländern zu einer Tagung zusammen, um über genau dieses Thema zu sprechen. Durch den Klimawandel sei eine deutliche Schadstoffbelastung, etwa durch Ozon oder Feinstäube, in der Luft messbar, sagte eine Sprecherin des interdisziplinären Allergiezentrums Südniedersachsen laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Dies würde zu akuten Erkrankungen der Atemwege bei Kindern und Jugendlichen führen. In Verbindung mit den Pollenflügen könne es dabei auch zu besonders schweren Asthmaanfällen kommen, heißt es demnach.
Deutlich mehr Asthma-Erkrankungen in den vergangenen Jahrzehnten – wegen Klimawandel
Die Häufigkeit von allergischem Asthma bronchiale und allergischer Rhinokonjunktivitis (eine allergische Entzündung der Nasenschleimhaut in Verbindung mit einer allergisch bedingten Erkrankung der Bindehaut und der Lider des Auges) hat infolge der Klimakrise in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen.
Denn Belastungen durch den Klimawandel können bestehendes Asthma nicht nur verschlechtern, sondern es auch neu entstehen lassen. Grund dafür ist unter anderem eine erhöhte Konzentration von inhalativen Allergenen, wie Pollen oder Schimmelpilzen, sowie intensiverer und verlängerter Blütezeit verschiedener Pflanzen, die deutliche Auswirkungen auf die Gesundheit der menschlichen Atemwege haben. Das berichtete die Nachrichtenagentur Pressetext.
Folgen des Klimawandels: Durch höhere Temperaturen wird Allergie-Saison verlängert
„Höhere Temperaturen und steigende CO₂-Belastungen führen zur Verlängerung der Allergie-Saison, zu verstärkten Blühphasen der Pflanzen und erhöhten Konzentrationen von inhalativen Allergenen“, erklärt Doktorin Christine Bangert, Oberärztin an der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien und Leiterin der Arbeitsgruppe Allergologie der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV), laut der Pressemitteilung.
Viele Pollenarten würden nun schon viel früher blühen und Allergiker dadurch zusätzlich belasten. Auch luftverschmutzende Substanzen wie zum Beispiel Stickstoffdioxid, das man vor allem in städtischen Gebieten finde, führten zu verstärkten entzündlichen Reaktionen und begünstigten damit die Entstehung von Allergien, so die Oberärztin.
Kinder bekommen häufiger Asthma – wegen zunehmender Luftverschmutzung
Kinder, die bereits früh starker Luftverschmutzung ausgesetzt sind, entwickeln demnach häufiger asthmatische Erkrankungen. „Ein Drittel der kindlichen Fälle von Asthma könnten auf Luftverschmutzung zurückzuführen sein. Aber auch Gewitter haben Auswirkungen auf Asthmatiker: Bis zu 6-mal so viele Patienten als sonst erleiden nach schweren Gewittern teils fatale Asthmaanfälle und müssen in Krankenhäusern behandelt werden“, erklärt Bangert.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit des Menschen kann Augsburger Medizinerin Professorin Claudia Traidl-Hoffmann bestätigen: „Der Klimawandel macht krank, von Kopf bis Fuß“, warnt sie laut dem Bayrischen Rundfunk und fährt fort: „Wir müssen den Klimawandel als Gefahr für unsere Gesundheit und auch das Überleben der Menschheit anerkennen.“
Die Direktorin der Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg kann bekräftigen, dass Feinstaubpartikel chronische Entzündungen im Körper erzeugen, die Erkrankungen des Gehirns, des Herzens oder der Lunge sowie Hauterkrankungen, wie Neurodermitis, bedingen – woraus wiederum Asthma oder Allergien entstehen können.
Klimawandel stellt große Bedrohung für kindliche Gesundheit dar – schnelles Handeln ist gefordert
Auch die Stiftung „Kindergesundheit“ sieht im globalen Klimawandel eine große Bedrohung für die kindliche Gesundheit. Als aktuelles Beispiel wird im Kindergesundheitsbericht 2022 laut der Ärztezeitung die Ausbreitung des Asterngewächses „Ambrosia artemisiifolia L.“ genannt, das als hoch allergen eingestuft wird und dessen Pollen als Auslöser von Beschwerden wie Heuschnupfen, Asthma oder atopischer Dermatitis gelten.
Aktuellen Prognosen zufolge könne sich die Anzahl der Menschen, die aufgrund der Ambrosia-Pollen an Heuschnupfen leiden, demnach in nur 19 Jahren auf rund 77 Millionen Europäer verdoppeln. „Angesichts der von der Stiftung ‚Kindergesundheit‘ ermittelten Fakten ist es unverzichtbar, das Voranschreiten der Klimakrise mit energischen Maßnahmen zu bremsen“, erklärt Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung, laut der Ärztezeitung.
„Der Kampf gegen die globale Klimakrise sollte besonders auch im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen ein zentrales Motiv jedes gesellschaftlichen und politischen Handelns sein“, so der Professor. Das Ausmaß unserer Bemühungen werde ihm zufolge maßgeblich darüber entscheiden, „in welcher Welt die kommenden Generationen leben werden“.