Details aus dem Feuerwehrbericht: „Letzte Generation“ doch Mitschuld am Unfalltod?
Inwiefern beeinflusste die Protestaktion der „Letzten Generation“ den Unfalltod einer 44-jährigen Frau? Die Feuerwehr spricht nun von fehlenden „Handlungsoptionen“.
Update vom Mittwoch. 9. November 2022, 19:50 Uhr: Mehrere Tage nach dem schrecklichen Unfall, der den Tod einer 44-jährigen Radfahrerin gefordert hatte, ist die Schuldfrage noch immer nicht geklärt. Die Klimaaktivistinnen und -Aktivisten der „Letzten Generation“ wurden mit viel Kritik konfrontiert – unter anderem wurde ihnen sogar eine indirekte Mitschuld am tödlichen Unfall in Berlin attestiert. Zufolge der Feuerwehr hieß es zunächst, dass eine solche Schlussfolgerung nicht zutreffend sei. Der nun vorgelegte Abschlussbericht der Feuerwehr belastet die „Letzte Generation“-Beteiligten jedoch erneut.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) unter Berufung auf den Pressesprecher der Berliner Innenverwaltung, Thilo Cablitz, berichtet, sei der „Sachverhalt komplex“. Die Ermittlungen laufen – und der Unfallhergang muss aus mehreren Perspektiven betrachtet werden. Medienberichten zufolge stand der Rüstwagen der Feuerwehr, der den Betonmischer hätte anheben können, wohl tatsächlich im durch den Klimaprotest verursachten Stau. Andererseits hätte sich die zuständige Notärztin jedoch noch vor Ort dafür entschieden, dass man auf eine andere, vermeintlich schnellere Maßnahme zur Rettung setzt.

Im von der Berliner Zeitung (B.Z.) zitierten Abschlussbericht der Berliner Feuerwehr heißt es jetzt jedoch: „Durch rechtzeitiges Eintreffen des Rüstwagens hätten sich den Verantwortlichen vor Ort weitere Handlungsoptionen geboten“. Der Todesfall wird die Verantwortlichen noch weiter beschäftigen.
Update vom Sonntag. 6. November 2022, 11:25 Uhr: Die CDU will nach den jüngsten umstrittenen Klima-Protesten der Aktivistengruppe „Letzte Generation“ ein härteres Strafmaß für bestimmte Protestaktionen durchsetzen. Ein entsprechender Antrag werde derzeit vorbereitet und solle in der kommenden Woche in den Bundestag eingebracht werden. Dies berichtet die Bild am Sonntag und schreibt, dass CDU und CSU sich dafür einsetzen, dass in Zukunft eine Mindestfreiheitsstrafe verhängt werden kann, wenn durch Straßenblockaden Fahrzeuge von Rettungsdiensten, der Feuerwehr oder der Polizei behindert werden.
Der Vorschlag von CSU und CDU sieht zudem vor, dass Aktivisten bei Wiederholungsgefahr auch vorbeugend in Haft genommen werden können. Zudem soll in dem Antrag auch ein schärferes Strafmaß für die Beschädigung oder Zerstörung von Kulturgütern beinhalten. Bislang droht in solchen Fällen nur eine Geldstrafe, künftig soll auch hier eine Mindestfreiheitsstrafe möglich sein, wenn es nach der Union geht.
Proteste für mehr Klimaschutz dürften kein „Freibrief für Straftaten sein“. Ein härteres Strafmaß könne helfen, „einer weiteren Radikalisierung in Teilen dieser Klimabewegung entgegenzuwirken und Nachahmer abzuschrecken“, so der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, in der Bild am Sonntag, „3s braucht deutlich härtere Strafen für Klima-Chaoten, um einer weiteren Radikalisierung in Teilen dieser Klimabewegung entgegenzuwirken und Nachahmer abzuschrecken. Die Entstehung einer Klima-RAF muss verhindert werden.“
Klima-Aktivisten ohne Einfluss auf Rettung von verunglückter Radfahrerin
Update von Freitag, 4. November 2022, 11:55 Uhr: Berlin – Wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf einen internen Vermerk der Berliner Feuerwehr berichtet, hatten der von den Klima-Aktivisten „Letzte Generation“ verursachte Stau keinen Einfluss auf die Versorgung des Unfallopfers, einer mittlerweile verstorbenen, 44-jährigen Frau.
„Letzte Generation“ laut Feuerwehr nicht schuld am Unfalltod einer Radfahrerin in Berlin
So soll es in dem Vermerk über den „Einsatz 277 vom 31. Oktober“ heißen: „Das Unfallopfer, das bei Eintreffen unter dem mittleren Reifen des Lasters mit einem Bein eingeklemmt war, sei an Ort und Stelle von einer Notärztin versorgt worden“. Und diese sei durch den Stau nicht gehindert worden.
Erstmeldung von Freitag, 4. November 2022, 10:52 Uhr: Berlin – In Berlin-Wilmersdorf war eine Radfahrerin am Montag, 31. Oktober 2022, von einem Lkw erfasst und überrollt worden. Die 44-Jährige trug dabei so schwere Verletzungen davon, dass nur noch der Hirntod festgestellt werden konnte. Am Donnerstagabend, 3. November 2022, wurde ihr Tod mitgeteilt. Bundesweites Aufsehen erlangte der Unfall, da ein Spezialfahrzeug, das die Verletzte unter dem Lastwagen befreien sollte, nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der Stadtautobahn stand.
Dieser soll durch eine Aktion der Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“ ausgelöst worden sein. Nun ermittelt die Polizei.
„Letzte Generation“ löst Stau in Berlin aus – kosteten Klima-Aktivisten einer Frau das Leben?
Konkret laufen Ermittlungen gegen zwei 63 und 59 Jahre alte Klima-Aktivisten wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen. Von der Polizei heißt es, dass auch mit Sachverständigen der kausale Zusammenhang zu den Blockaden geprüft werden müsse.

Die Feuerwehr geht davon aus, dass sich die Rettung der Frau um mehrere Minuten verzögert hat, weil das angesprochene Spezialfahrzeug im Stau stand. Doch räumte ein Feuerwehrsprecher bereits ein, dass auch die Bildung einer Rettungsgasse am Montag, 31. Oktober, angesichts der Größe des Fahrzeugs problematisch gewesen sei.
„Es trifft uns tief“: Klima-Aktivisten reagieren bestürzt auf Tod der Radfahrerin – und werden scharf kritisiert
Da eben jene Technik nicht zur Verfügung stand, mussten die Retter an der Unfallstelle nach Angaben der Feuerwehr improvisieren. Dadurch sei es zu Verzögerungen gekommen. Die Feuerwehr machte jedoch keine Angaben dazu, ob dies Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Radfahrerin gehabt hätte. Zudem wurden auf die laufenden Ermittlungen verwiesen.
Indes zeigte sich die Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“ bestürzt über die Nachricht vom Hirntod der Frau. „Es trifft uns tief, dass die Radfahrerin, die am Montag in Berlin bei einem Unfall von einem Betonmischer schwer verletzt wurde, nun für hirntot erklärt wurde“, sagte Aktivist Henning Jeschke der Nachrichtenagentur dpa. In den sozialen Netzwerken werden die Klima-Aktivisten derweil verstärkt angefeindet und gar für den Hirntod der 44-Jährigen verantwortlich gemacht.
„Letzte Generation“ will weiterhin „friedlichen Widerstand leisten“ – Contra von Bundespräsident Steinmeier (SPD)
„Wir hören viele Informationen bis hin zu Unwahrheiten, die von großen Medien verbreitet werden. Wir sollten uns an sichere Fakten halten – wie auch in der Klimakatastrophe“, bezieht Jeschke Stellung. „Wir fordern die Medien auf, die Realität als solche darzustellen, ohne aufzuwiegeln“, heißt es weiter.
Solange unsere höchsten politischen Organe unsere gemeinsame Verfassung mit Ansage brechen, da sie unsere Lebensgrundlagen zerstören, solange werden wir friedlichen Widerstand leisten.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) wiederum hält die umstrittenen Aktionen für nicht zielführend im Kampf gegen den Klimawandel. „Die Frage ist, ob das, was wir auch sehen in diesen Tagen, dass kostbare Gemälde mit Lebensmitteln beworfen werden oder Menschen sich auf der Straße festkleben, dem Klimaziel wirklich weiterhilft“, sagte der Sozialdemokrat am Donnerstag im Rahmen seines Besuches in Kyoto.
Radfahrerin nach Unfall mit Lkw verstorben – 48-Jähriger soll auf Fahrer eingestochen haben
Die politische Diskussion in Deutschland zum Vorgehen gegen Klimademonstranten und damit auch der Ton verhärten sich also. Derweil setzt die Berliner Polizei ihre Ermittlungen zum Unfall fort. Hierzu gehört auch die Festnahme eines Mannes, der am Unfallort auf den Lkw-Fahrer mit einem Messer eingestochen haben soll. Der 48-Jährige soll laut der Polizei aus dem Obdachlosen-Milieu stammen und wurde am Mittwochabend, 2. November, in der Nähe des Tatortes an der Bundesallee gefasst.
Nach Angaben der Polizei gebe es Hinweise auf eine psychische Erkrankung bei dem Mann. Der 64-jährige Lkw-Fahrer, der eine Stichverletzung erlitten haben soll, kam ins Krankenhaus, konnte dies laut der Polizei am Donnerstag aber wieder verlassen.