Grüner Wasserstoff: Wie eine Auktion das kostbare Gas verfügbar machen soll
Deutschland hat sich hohe Klimaziele gesteckt. Der Fokus liegt auf Erneuerbaren Energien. Hierzu zählt auch grüner Wasserstoff. Doch was hat es damit auf sich?
Berlin – Um seine Klimaziele bis 2030 zu erreichen, setzt Deutschland auf Erneuerbare Energien. Eine gewichtige Rolle soll dabei auch grünem Wasserstoff zukommen. Eine Ressource, die alle wollen, die jedoch nur schwer oder gar nicht zu bekommen ist. Doch kann Deutschlands Industrie ohne grünen Wasserstoff nicht klimaneutral werden.
Einen Weltmarkt gibt es für das begehrte Gas bis dato nicht. Das soll sich ändern.
Grüner Wasserstoff: Erneuerbare Energie ist gefragt – doch das Gas ist kaum verfügbar
Die Kalkulation steht bereits. Allein für Deutschland wird der Bedarf an grünem Wasserstoff im Jahr 2030 bei drei bis sechs Millionen Tonnen liegen. Danach wächst er weiter an. Doch noch ist vollkommen unklar, woher diese Erneuerbare Energie überhaupt kommen wird. Denn bislang wird grüner Wasserstoff nur in homöopathischen Dosen produziert. Klar ist: Der Großteil muss aus dem Ausland kommen. Denn hierzulande mangelt es an grünem Strom, um damit Wasser aufzuspalten und das grüne Gas gewinnen zu können.
Was ist grüner Wasserstoff und warum soll künftig auf ihn gesetzt werden?
Grüner Wasserstoff gilt als zentral für das Erreichen der Pariser Klimaschutz-Ziele. Mit der Hilfe des Gases sei es möglich, „Deutschlands größte Treibhausgas-Verursacher klimafreundlich umzugestalten und gleichzeitig den Technologiestandort Deutschland zu stärken“. Das schreibt zumindest das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf seiner Homepage.
Grüner Wasserstoff meint dabei mittels Elektrolyse gewonnenen Wasserstoff, bei dem der Energiebedarf für die Elektrolyse aus Erneuerbaren Energien wie beispielsweise Windenergie oder Sonnenenergie gedeckt wurde. Als Rohstoff hierfür dient Wasser. Gemeinhin gilt grüner Wasserstoff als die einzige umweltfreundliche, klimaneutrale Möglichkeit der Wasserstoffgewinnung.
Ändern wollen das zwei frühere deutsche Berater aus der Entwicklungshilfe. Sie wollen eine Antwort auf die Frage finden, wer grünen Wasserstoff künftig liefern wird – und zu welchen Kosten. Es gibt nämlich nicht einmal einen transparenten Marktpreis für das wertvolle Gas. Eine Unsicherheit, die Timo Bollerhey und Markus Exenberger über ihre Hamburger Stiftung aus der Welt schaffen wollen. Hierfür haben sie die erste weltweite Auktion für grünen Wasserstoff gestartet.
Zwei Deutsche wollen Produktion von grünem Wasserstoff durch Auktion fördern
H2Global heißt die Stiftung der beiden. Ihr haben sich bereits 54 Unternehmen angeschlossen, darunter große Namen wie RWE, die Deutsche Bank oder das britische Mineralölunternehmen BP. Als Absicherung für mögliche Verluste beim An- und Weiterverkauf von Wasserstoff wurde die Bundesregierung davon überzeugt, im ersten Schritt 900 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

Jetzt müssen Bollerhey und Exenberger „nur“ noch liefern. Jedes Unternehmen außerhalb von Europa kann mitmachen, die Auktionsunterlagen sind im Internet zu finden. Gesucht wird nach grünem Wasserstoff, hergestellt aus erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft und weiterverarbeitet zu grünem Ammoniak, Methanol und Flugzeugkraftstoff.
Das würde zwar zusätzliche Energie kosten, die Produkte ließen sich aber besser in Tankern nach Europa verschiffen, berichtet Zeit Online. Den Zuschlag erhält, wer die größte Menge dafür liefern kann. Und diese Lieferungen sollen bereits 2024 starten. Sie sollen dann jährlich eintreffen – insgesamt zehn Jahre lang.
Grüner Wasserstoff: Moment der Wahrheit für deutsche Industrie steht bevor
Am 28. Februar 2023 endet die Frist, innerhalb derer sich die Interessenten melden müssen. Im nächsten Schritt werden dann die fünf vielversprechendsten Anbieter pro Stoff ausgewählt und müssen in einer zweiten Runde gegeneinander antreten. Die jeweiligen Gewinner sollen dann im Spätsommer feststehen.
Heißt auch: Für die deutsche Industrie steht ein Moment der Wahrheit an. Schließlich wird es zum ersten Mal konkrete Angebote im Kontext von grünem Wasserstoff geben. Dann sollte auch Wissen darüber bestehen, wer in Zukunft einen ihrer wichtigsten Energieträger liefern wird.
Grüne Wasserstoffprodukte als Investition in die Zukunft
„Es haben sich deutlich mehr Interessenten registriert, als wir erwartet haben“, spricht Bollerhey positiv über das weltweite Interesse an der deutschen Auktion. Derzeit würden eine Menge Firmen prüfen, ob sie sich in den kommenden Wochen als Wasserstofflieferanten für Deutschland anbieten. Oder besser gesagt: als Lieferanten für Europa. Denn so verlangen es die EU-Wettbewerbsregeln.
In der Praxis gestaltet es sich dann wie folgt: H2Global wird die Wasserstoffprodukte über die Tochterfirma Hintco als Zwischenhändler abkaufen – und dann in einer zweiten Auktionsrunde jährlich europaweit versteigern. Wer am meisten für die grünen Produkte bietet, erhält auch den Zuschlag. Dementsprechend liefern die Auktionen gleich zwei Erkenntnisse: Welchen Preis verlangen die Anbieter grüner Wasserstoffprodukte? Und zu welchem Preis lassen sich diese verkaufen?
Deutschland braucht grünen Wasserstoff – damit Klimaziele bis 2030 erreicht werden
Zunächst einmal werden die beiden dabei wohl einen hohen Verlust machen. Es wird bereits erwartet, dass sie für den Ankauf der Produkte wohl deutlich mehr bezahlen müssen, als sie von den europäischen Abnehmern dafür bekommen werden. Der Grund: Bislang wird auf der Welt nur wenig grüner Wasserstoff in kleinen Anlagen produziert.
Die künftigen Kunden in Europa fangen erst damit an, ihre Anlagen auf Wasserstoff umzurüsten. Deshalb brauchen sie erst in Zukunft große Mengen. Noch ist das Angebot knapp und die Nachfrage ganz am Anfang, doch sollen zeitnah die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Hin zu erneuerbaren Energien. Hin zum grünen Wasserstoff. Und damit auch hin zum Erreichen der Klimaziele Deutschlands.