Energiesicherheit in Gefahr? Erstes LNG-Terminal hat Probleme bei Betriebserlaubnis
In Mecklenburg-Vorpommern soll am 1. Dezember das erste LNG-Terminal starten. Beim Antrag fehlen Unterlagen zur Betriebserlaubnis. Energiesicherheit in Gefahr?
Schwerin/Hannover/Kiel – Kommt es im Winter doch zu einer Gasmangellage in Deutschland? Nachrichten aus dem Nordosten des Landes lassen aufhorchen. Einem Bericht des NDR zufolge droht die Inbetriebnahme des in Mecklenburg-Vorpommern in Lubmin am Greifswalder Bodden geplanten LNG-Terminals Anfang Dezember zu platzen. Aktuell liefen zwar die Vorbereitungen auf Hochtouren, aber es gebe Probleme mit den Papieren für die Betriebserlaubnis, heißt es.
Ob alles bis zum 1. Dezember rechtzeitig fertig ist, ist laut dem Bericht von NDR 1 Radio MV alles andere als sicher. Was bedeutet das für Deutschlands Energieversorgung?
LNG-Terminal in Lubmin: Wichtige Unterlagen zur Inbetriebnahme noch nicht eingereicht
Laut dem Bericht könnte sich die Inbetriebnahme des Terminals verzögern, weil der Betreiber des LNG-Terminals in Lubmin, die Deutsche ReGas, bis jetzt beim Staatlichen Umweltamt in Stralsund nicht alle Papiere eingereicht haben soll, die für die Genehmigung notwendig seien. Dies soll ein Sprecher des Umweltministeriums in Schwerin dem NDR bestätigt haben. Für die Genehmigung sind eine Vielzahl komplexer Genehmigungsverfahren nötig, die unter anderem Berg-, Wasser- und Immissionsschutzrecht berühren.
Nach Einreichung aller Unterlagen bis zur endgültigen Genehmigung können bis zu 13 Wochen ins Land ziehen, schreibt der NDR in seinem Bericht. Dieser Umstand sei im Prozess von Nachfragen und dementsprechend Nachlieferungen regulär und diene der Vervollständigung, begründet die Deutsche ReGas in einer E-Mail die fehlenden Unterlagen gegenüber kreiszeitung.de von IPPEN.MEDIA. Der Umstand der 13-Wochen-Frist lässt allerdings laut NDR darauf schließen, dass die Inbetriebnahme folglich frühestens Mitte oder Ende Januar möglich sei.

Dabei hatten Mitarbeiter von Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) bereits im Sommer eben genau diese Unterlagen angemahnt. Wie der Minister damals betonte, werde die Umweltbehörde zwar keine Sonderregel für das Genehmigungsverfahren ausarbeiten, das Anliegen aber schnellstmöglich bearbeiten. Ein rechtssicheres Genehmigungsverfahren habe höchste Priorität, so Backhaus damals.
Ein Genehmigungsbescheid müsse im Zweifel vor Gericht Bestand haben. Hinzu komme, dass das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern als Genehmigungsbehörde für die immissionsschutzrechtlichen Fragen die Besonderheiten des Standorts Lubmin mit dem atomaren Zwischenlager berücksichtigen müsse.
LNG-Terminal in Lubmin: Lokalpolitiker und Anwohner wollen besser in Planungen eingebunden werden
Auch Unstimmigkeiten mit Lokalpolitikern der Insel Rügen sollen laut des NDR derzeit zu einem erhöhten Informationsbedarf führen. Wie es heißt, hätten sich etliche Kommunalpolitiker ein förmliches Beteiligungsverfahren gewünscht. Dies auch aus dem Grund, weil man mehr über die Auswirkungen auf die Umwelt habe erfahren wollen, berichtet der NDR. Wie es heißt, sollen Anwohner und Politiker bis zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr wenige Informationen erhalten haben. Dies ist verwunderlich, weil ein solches Beteiligungsverfahren das normale und gängige Vorgehen bei solchen Entscheidungen ist.
Diese Beteiligung ist Bestandteil des laufenden Genehmigungsverfahrens und wird unter Federführung der zuständigen Genehmigungsbehörde genau so erfolgen.
Das sieht man bei der Deutschen ReGas daher auch ganz anders. „Diese Beteiligung ist Bestandteil des laufenden Genehmigungsverfahrens und wird unter Federführung der zuständigen Genehmigungsbehörde genau so erfolgen. Zudem stehen wir mit den Ortsbürgermeistern der betroffenen Gemeinden und den Vertretern der jeweiligen Kurverwaltungen inklusive Usedom bereits in Verbindung und werden diese bei eigens dafür geplanten Treffen proaktiv informieren“, so Deutsche ReGas-Pressesprecher Sebastian Frauenlob in einer Stellungnahme gegenüber kreiszeitung.de.
Probleme für LNG-Terminal in Lubin? Deutsche ReGas-Pressesprecher widerspricht Experten
ReGas und der französische Konzern Totalenergies wollen ab Dezember LNG mit Shuttleschiffen von großen Tankern durch den flachen Greifswalder Bodden nach Lubmin bringen, dort in Erdgas umwandeln und in die Pipeline von Nord Stream 2 leiten. Ob dies nach den Sabotageakten an den Pipelines überhaupt noch möglich ist, ist laut NDR derzeit ebenfalls noch nicht ganz klar. Aktuell ist die Pipeline Nord Stream 2 aufgrund der klaffenden Löcher in den Rohren unter Oberfläche randvoll mit Wasser. Aber es müssten laut dem NDR-Bericht auch noch weitere Fragen wie beispielsweise Eigentumsrechte geklärt werden.
Diese Probleme sieht die Deutsche ReGas nicht. „Die Einspeisung erfolgt zwar über die Anlandestation von Nord Stream 1, aber hier über die Anlagenbereiche für die weiterführenden Landleitungen, die von dem Unternehmen Gascade betrieben werden. Gerade weil wir das LNG mittels Shuttle, FSRU im Hafen Lubmin und landseitiger Verbindung zu den Landleitungen OPAL und NEL direkt einspeisen, haben Beschädigungen der beiden Leitungssysteme aktuell keine Auswirkungen auf unser Projekt“, so Frauenlob weiter. Experten sehen dies laut NDR anders.
LNG-Terminals in Deutschland: Bauarbeiten in Wilhelmshaven liegen voll im Zeitplan
Ist in Deutschland also doch die Energiesicherheit im Winter in Gefahr? Glaubt man Stimmen wie denen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dann könnte es zwar eng werden, aber es sei schaffbar.
Doch, wie sieht es bei den anderen geplanten LNG-Terminals in Deutschland, etwa in Stade, Brunsbüttel oder Wilhelmshaven, eigentlich aus? In Niedersachsen, wo derzeit zwei LNG-Terminals in Wilhelmshaven entstehen, läuft alles wie gewünscht, wie der Betreiber Anfang der Woche mitteilte. Die Pipeline für das Importterminal für Flüssigerdgas in Wilhelmshaven sei zur Hälfte fertiggestellt, berichtet dazu die Deutsche Presse-Agentur.
Damit liegen die Bauarbeiten für die rund 26 Kilometer lange Wilhelmshavener Anbindungsleitung (WAL) im Zeitplan, so der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE). „Wir befinden uns mit dem Bau der WAL auf Kurs“, sagte Projektleiter Franz-Josef Kissig. „Alle Projektbeteiligten arbeiten weiterhin ohne Unterbrechung konzentriert und motiviert daran, dass wir die Leitung am 20. Dezember in Betrieb nehmen können.“ Ab dem 21. Dezember soll nach früheren Angaben der Landesregierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) LNG über das Terminal angelandet werden.
LNG-Terminals in Deutschland: Bauauftrag für Stade erteilt – Brunsbüttel liegt ebenfalls im Zeitplan
Nach Angaben von OGE verlegen zurzeit zwei Bautrupps die Rohre und arbeiten von Norden und Süden aufeinander zu. Mittlerweile wurden alle 1569 Rohre, die von einer Tochterfirma des Stahlunternehmens Salzgitter gefertigt wurden, über die Schiene nach Wilhelmshaven gebracht. Zudem wird weitere Infrastruktur errichtet, etwa Anlagen, um den Gasdruck zu regeln und zu messen.
Für das geplante LNG-Terminal in Stade ist inzwischen ein Bauauftrag erteilt worden. Das Terminal soll am Ende des kommenden Jahres betriebsbereit sein, teilte die landeseigene Hafeninfrastrukturgesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) vergangene Woche mit. Man habe eine Arbeitsgemeinschaft aus mehreren Firmen mit dem Bau beauftragt, hieß es. Das in Schleswig-Holstein in Brunsbüttel geplante LNG-Terminal liegt laut Angaben des Landesenergieministers Tobias Goldschmidt (Grüne) ebenfalls im Zeitplan. „Ich bin heute guter Dinge, dass wir dieses Jahr keine Gasmangel-Krise haben werden“, sagte Goldschmidt auch mit Blick auf die Speicherstände der Gasspeicher. (mit Material der dpa)