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Nutri-Score macht Probleme: Das ist die Bedeutung der Ernährungsampel

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Von: Carolin Gehrmann

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Die Ernährungsampel „Nutri-Score“ soll Verbrauchern klar zu verstehen geben, welche Lebensmittel gesund sind. Doch was bringt die Kennzeichnung?

Bremen – „Nutri-Score“ ist der offizielle Name der Ernährungsampel, die den Nährwert von Lebensmitteln kennzeichnet und sich auf den Verpackungen vieler Produkte findet. Doch noch lange nicht auf genügend, wie die Verbraucherzentralen bemängeln. Nur rund 40 Prozent der Lebensmittel seien gekennzeichnet. Sie fordern von der Lebensmittelindustrie mehr Tempo in Sachen Nutri-Score. Denn die Ampel ist für Verbraucher eine sinnvolle Entscheidungshilfe. Innerhalb einer Produktgruppe sei so mit einem Blick erkennbar, welches Produkt das gesündere ist. Doch ist das tatsächlich so? Und was genau zeigt die Ernährungsampel eigentlich an?

Die Bedeutung der Buchstaben auf dem Nutri-Score

Der Nutri-Score ist wie eine fünfstufige Ampel aufgebaut, von dunkelgrünem A bis zum rotem E gibt es verschiedene Stufen. Nach einer festen Formel wird errechnet, in welche Kategorie ein bestimmtes Produkt fällt. Dabei wirken sich Zucker, Salz, gesättigte Fettsäuren und viele Kalorien ungünstig auf dessen Bewertung aus. Zu viel von diesen Stoffen, und die Ampel färbt sich gelb, orange oder rot. Für Verbraucher lautet die Botschaft dann: Lieber zu einem anderen Lebensmittel greifen, mit einem besseren Gesamtwert.

Nutri-Score
Der sogenannte „Nutri-Score“ kennzeichnet den Nährwertgehalt von Lebensmitteln. © Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Pluspunkte auf dem Nutri-Score bringt hingegen ein hoher Anteil an Obst, Gemüse, Nüssen, Ballaststoffen und Eiweißen. Produkte mit diesen Inhaltsstoffen können eher eine grüne Kennzeichnung erhalten. Verbraucher wissen dann: Mit diesem Produkt kann ich ernährungstechnisch nichts verkehrt machen. Sie können also bedenkenlos zugreifen. Aber trifft das tatsächlich immer so zu?

Nutri-Score führt in die Irre: Grün gekennzeichnete Produkte nicht unbedingt die gesündesten

„Die Realität ist, dass Verbraucher die Farben oft intuitiv bewerten. Grün gekennzeichnete Produkte werden als grundsätzlich unbedenklich wahrgenommen, ein rotes E hingegen als Stop-Signal“, erläutert Benedikt Merz vom Max Rubner-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Die Schwäche der Ernährungsampel sei, dass sie so einfach aufgebaut ist, dass sie falsch angewendet werden könne.

Das grundsätzliche Problem sei, dass aus der Kennzeichnung irrtümliche Schlussfolgerungen über die Qualität der eigenen Ernährung gezogen werden könnten. So lebe jemand, der ausschließlich zu Produkten mit grüner Kennzeichnung greife, nämlich noch lange nicht gesund, wie Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg erklärt.

Kritik am Nutri-Score: Die Berechnungen gelten nur für abgepackte Lebensmittel, nicht für Obst und Gemüse

Für eine gesunde Ernährung spiele es nämlich eine große Rolle, wie vielfältig und ausgewogen die verzehrten Lebensmittel sind als auch in welchen Mengen sie zu sich genommen werden. Beides bilde der Nutri-Score aber nicht ab. Außerdem sei das Ampelsystem nur auf abgepackten Lebensmitteln und Fertiggerichten zu finden, nicht aber auf frischem Obst und Gemüse, die jedoch ein Grundpfeiler für eine ausgewogene Ernährung sind. Hier liegt auch nach Ansicht von Valet das größte Problem. Menschen, die sich nur am Nutri-Score orientieren, könnten möglicherweise „vergessen“, dass zum Beispiel Äpfel ein gesundes Lebensmittel sind.

Seit November 2020 kann der Score hierzulande rechtssicher auf verpackte Lebensmittel gedruckt werden – allerdings auf freiwilliger Basis. Unter den Herstellern, die beim Nutri-Score mitmachen, sind einige Schwergewichte, darunter Danone, Nestlé und Dr. Oetker. Die Einführung der Lebensmittelampel bei einer Marke ist laut dpa aufgrund zahlreicher Regularien vergleichsweise aufwendig und teuer. Auch sind viele Firmen skeptisch, da sie befürchten, dass ihre Produkte tendenziell schlechter abschneiden könnten.

Regeln beim Nutri-Score sollen bald strenger werden

Die Regeln für den Nutri-Score sollen außerdem bald aktualisiert werden. Einige Produkte, die derzeit noch ein grünes Label haben, werden dann möglicherweise bald schlechter abschneiden. Denn derzeit erhalten noch einige Frühstückscerealien mit Schokolade, Weizenspaghetti, Tiefkühlpizza mit Spinat und Tortilla-Chips ein dunkelgrünes A – was die beste Bewertung ist. Dies dürfte sich bald ändern. Vor allem die Obergrenzen für Zucker sollen nämlich strenger werden.

Grundsätzlich sei laut Merz weitere Aufklärung nötig, wie die Ernährungsampel richtig angewendet und interpretiert wird. Und auch ersetzt das Instrument nicht die Eigenverantwortung der Menschen, sich darüber zu informieren, was eine gesunde Ernährung ausmacht. Denn diese ist wichtig, um Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall zu vermeiden.

Nutri-Score sollte nach Ansicht von Verbraucherschützern Pflicht werden

Ob der Nutri-Score bald eine verpflichtende Angabe wird, ist weiterhin unsicher. Verbraucherschützer sprechen sich zwar dafür aus, doch entscheiden müsste das die EU-Kommission in Brüssel. Die Zeichen stehen laut dpa aber nicht besonders günstig für den Nutri-Score – auch weil sich einige EU-Staaten vehement gegen das System wehren.

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