Das sind die schönsten Weihnachtslieder – und das die nervigsten

Jedes Jahr zur Weihnachtszeit stürmen dieselben bekannten Hits die deutschen Charts. Nicht alle werden dabei gleichermaßen geliebt.
Berlin – Für viele beginnt die Weihnachtszeit nicht mit dem Auftauchen von Spekulatius und Lebkuchen in den Supermarktregalen im Spätsommer. Auch auf den Schnee als Indikator kann man sich nicht verlassen – auch wenn im Jahr 2022 weiße Weihnachten bislang durchaus möglich scheinen. Nein, das sicherste Anzeichen, dass Weihnachten naht, sind die Radiostationen, die zumeist pünktlich zum ersten Advent Weihnachtslieder rauf und runter spielen.
Weihnachten 2022: Die schönsten und nervigsten Lieder zum Fest im Überblick
Viele versetzt das in Weihnachtsstimmung – andere verdrehen genervt die Augen. Auf Download- und Streaming-Portalen werden vor allem altbekannte Songs von den Hörern offensichtlich gefeiert: Am zweiten Adventswochenende befanden sich ganze sechs Weihnachtslieder in den Top 10 der Single-Charts in Deutschland. Und auch dahinter folgen noch etliche mehr oder weniger bekannte Musikstücke, die sich thematisch um die Feiertage drehen.
Hinter jedem Song stecken dabei interessante Entstehungsgeschichten und spannende Fakten über ihre Verbreitung. Die machen zwar die nervigsten Lieder nicht weniger nervig, aber wer sie parat hat, kann beim Weihnachtsessen mit der Familie erstaunte Blicke ernten. Wir haben die schönsten – und die nervigsten – Weihnachtslieder zusammengetragen.
Die schönsten Weihnachtslieder 2022: Von Chris Rea bis Wham!
Chris Rea – Driving Home For Christmas
Dieses Klavier-Intro sorgt für Weihnachtsstimmung: Ein Autofahrer beschreibt in Chris Reas „Driving Home For Christmas“ das Gefühl der Vorfreude, während er alleine im Auto sitzt und an Weihnachten zu seiner Familie fährt – ein Gefühl, das so gut wie jeder kennt. Obwohl der Song aus dem Jahre 1986 zu den modernen Liedern gehört, ist er vergleichsweise ruhig gehalten.

Zu einem Hit hat er sich übrigens erst in den Jahren nach seiner weitestgehend unbemerkten Veröffentlichung entwickelt. In der zweiten Adventswoche 2022 stand „Driving Home For Christmas“ in den deutschen Charts auf Platz 7. Die Idee soll dem Briten Rea gekommen sein, als er gemeinsam mit seiner Ehefrau an Weihnachten in London im Stau gestanden hat. Wie gut, dass er damals nicht den Zug genommen hat!
Melanie Thornton – Wonderful Dream
Auch sie gehören zur Weihnachtszeit dazu: weihnachtliche Werbespots. Die vielleicht bekannteste Kampagne fährt seit mehr als einem Vierteljahrhundert der US-amerikanische Getränkehersteller Coca-Cola. Auf Basis des Werbe-Jingles „Holidays Are Coming“ und des Coca-Cola-Markenspruchs „The Real Thing“ schrieb Sängerin Melanie Thornton Anfang der 2000er das Lied „Wonderful Dream“.

In Kombination mit der Weihnachts-Truck-Kampagne des Getränkeherstellers entwickelte sich der Song schnell zu seinem Hit – jedoch auch angetrieben vom tragischen Tod Thorntons, die am 24. November 2001 im Alter von nur 34 Jahren bei einem Flugzeugabsturz in der Schweiz ums Leben kam. „Wonderful Dream“ entwickelte sich zum bis heute wohl bekanntesten Lied der ehemaligen La-Bouche-Sängerin („Be My Lover“) und wahrt ihr bis heute ein würdiges und wunderschönes Andenken zugleich.
Band Aid – Do They Know It‘s Christmas?
Ein wesentlich nobleres Ziel als den Verkauf von Limonade hatte 1984 der Song „Do They Know It‘s Christmas?“. Boomtown-Rats-Sänger Bob Geldof („I Don‘t Like Mondays“) wollte mit einem musikalischen Projekt Spenden sammeln, um bei der Bekämpfung einer Hungersnot in Äthiopien zu helfen. Innerhalb weniger Tage schrieb und komponierte er den Song und kontaktierte etliche zur damaligen Zeit bekannte Musiker, die er um ihre Mithilfe bat. So wirkten unter anderem illustre Namen wie Paul Young, Phil Collins, Bono, Boy George, George Michaels, David Bowie, Paul McCartney, Nik Kershaw und Sting als Sänger an der Entstehung des Liedes mit.

Die Botschaft kam an: In Deutschland, Großbritannien und weiteren Ländern kletterte der Song auf Anhieb auf Platz 1 der Charts. Später organisierte Geldof zudem noch die Live-Aid-Konzerte. „Do They Know It‘s Christmas“ wurde in den folgenden Jahren mehrfach gecovert und neu aufgelegt. Doch so richtig warm ums Herz wird einem nur beim Original!
Jingle Bells
We call it a Klassiker: Komponiert wurde „Jingle Bells“ bereits vor mehr als 170 Jahren. Die Erstveröffentlichung von James Lord Pierpont aus dem Jahre 1857 war eigentlich gar nicht als Weihnachtslied gedacht, entwickelte sich aber in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zu dem Weihnachtsklassiker schlechthin und einem der meistgecoverten Songs überhaupt. Inhaltlich geht es um ein paar Jugendliche, die mit Pferdeschlitten Rennen veranstalten.
Kurios: „Jingle Bells“ ist das erste Lied, das im Weltall gespielt worden ist. Die Astronauten Wally Schirra und Tom Stafford übertrugen ihre Interpretation per Funkübertragung am 16. Dezember 1965 zur Erde. Kein Wunder, dass sie sich für dieses Lied entschieden haben!
Wham! – Last Christmas
Bei wahrscheinlich keinem Weihnachtslied scheiden sich die Geister so sehr wie bei „Last Christmas“. Doch Fakt ist: Der Song des Duos um George Michaels und Andrew Ridgeley ist seit seiner Veröffentlichung im Jahre 1984 ausgesprochen erfolgreich. Er steht vermutlich wie kein zweites zeitgenössisches Stück für den Beginn der Weihnachtszeit. Dabei hat es einen melancholischen Charakter, denn inhaltlich geht es um eine verflossene Liebesbeziehung aus dem Weihnachtsfest des Vorjahres.
Und „Last Christmas“ ist hierzulande Rekordhalter: Kein anderer Song hält sich derart lange in den deutschen Charts – die zweite Adventswoche 2022 ist bereits die 162. Woche, in der das Lied in den Charts steht. Bei seiner Erstveröffentlichung erreichte es zwar nur Platz 7, doch am 24. Dezember 2021 gelang dem Hit erstmals der Sprung auf Platz 1. Ehre, wem Ehre gebührt!
Die nervigsten Weihnachtslieder 2022: Von Mariah Carey bis Justin Bieber – und Wham!
Mariah Carey – All I Want For Christmas Is You
Der Albtraum jedes Einzelhandels-Mitarbeiters zur Weihnachtszeit: Seit 1994 quält die US-amerikanische Vorzeige-Diva Jahr für Jahr die Zuhörer sämtlicher Pop-Radiostationen auf diesem Planeten. Stimmgewaltig teilt Mariah Carey der ganzen Welt mit, dass sie sich ganz bescheiden nicht anderes zu Weihnachten wünscht als einen unbekannten Adressaten. Der Song mag beim ersten Hören noch recht catchy sein, doch nutzt sich die Feel-Good-Nummer mit ihrem quietschbunten Musikvideo ziemlich schnell ab.

Und auch heute noch sorgt er für Diskussionen: Erst im November 2022 blitzte Carey mit ihrem Versuch ab, sich den Titel „Queen of Christmas“ gerichtlich schützen zu lassen. Begründung des Gerichts: Der Begriff „Weihnachten“ ließe sich nicht als Marke monopolisieren. Dem Erfolg tut das keinen Abbruch: Erstmals am 27. Dezember 2019 und damit 25 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung kletterte der Song auf Platz 1 der deutschen Charts. Dort steht er seitdem Jahr für Jahr – so auch in der zweiten Adventswoche 2022. Er wird uns also auch weiterhin begleiten – leider.
Shakin‘ Stevens – Merry Christmas, Everyone!
Auch dieser Song ist catchy, keine Frage. Und trotzdem verrannte sich der eigentlich als Rockabilly-Sänger bekannt gewordene Brite 1985 in einem für ihn unbekannten Genre. Doch wo das Lied mit seiner bodenständigen Botschaft noch einigermaßen genießbar sein mag, ist es vor allem das Fremdscham verbreitende Musikvideo, das zum Kopfschütteln einlädt.

Der gruselig grinsende Shakin‘ Stevens besucht den Weihnachtsmann in dessen Werkstatt, liefert sich eine slapstickhaft inszenierte Schneeballschlacht mit einer Gruppe von Kindern und schreckt sogar vor einer Tanzeinlage mit einem Schneemann nicht zurück. Trotz allem schaffte es der Song mittlerweile sogar bis auf Platz 4 der Charts hierzulande.
Justin Bieber – Mistletoe
Wie viele andere Künstler vor und nach ihm hat sich offenbar auch Teenie-Idol Justin Bieber 2011 dazu genötigt gefühlt, ein Album mit Weihnachtsliedern herauszubringen und um die Feiertage kommerziell auszupressen. Nachhaltig festgesetzt hat sich daraus allerdings nur „Mistletoe“. Darin verkündet der damals 17-jährige Kanadier, er würde nicht draußen im Schnee spielen, vorm warmen Kaminfeuer sitzen oder einen Brief an den Weihnachtsmann schreiben, sondern unter einem Mistelzweig stehend warten.

Wie vielen jugendlichen Fans Bieber damit das Geld aus der Tasche gezogen hat, das ist unbekannt. In Deutschland reichte es nur zu einem 19. Platz in den Charts. Doch auch 2022 hat sich der Song wieder im oberen Drittel der Top 100 festgesetzt, sodass davon auszugehen ist, dass er auch in den kommenden Jahren weiterhin eine Rolle zur Weihnachtszeit spielen wird – zum Glück nur eine kleine.
Rolf Zuckowski – In der Weihnachtsbäckerei
Kein anderer Liedermacher mit der Zielgruppe Kinder hat in Deutschland auch nur eine annähernd ähnlich erfolgreiche Karriere hingelegt wie Rolf Zuckowski. 1987 veröffentlichte er das Album „Winterkinder“, darauf das Lied „In der Weihnachtsbäckerei“. Mag es anfangs noch ganz lustig gewesen sein, dem wuseligen Treiben Plätzchen backender Kinder zuzuhören, so nutzt sich das Lied für den erwachsenen Zuhörer spätestens ab dem zweiten Hören deutlich ab. Wer Kinder hat, darf sich zur Weihnachtszeit auf eine Dauerbeschallung einstellen.

Großer Charterfolg war dem Hamburger damit übrigens bis jetzt nicht vergönnt, höher als Platz 20 ging es hierzulande bislang nicht hinauf. Doch seit 2012 findet der Song jedes Jahr seinen Weg in zurück in die Charts. Also werden wohl auch noch viele weitere Plätzchen verbrannt aus dem Ofen kommen.
Wham! – Last Christmas
Gut, wir geben es zu: Auch bei uns scheiden sich die Geister in Bezug auf „Last Christmas“ so sehr, dass das Lied einfach auf beiden Listen auftauchen musste. Denn er nistet sich bei jedem direkt als Ohrwurm ein, ob man will oder nicht. Da er seit Jahrzehnten erfolgreich ist, fühlen sich Radiomoderatoren auf der ganzen Welt zur Weihnachtszeit dazu verpflichtet, den Song in einer nicht enden wollenden Dauerschleife zu spielen.
Die Chancen, „Last Christmas“ gänzlich zu entkommen, gehen gegen null. Deshalb stellen sich beim Erklingen der markanten Intro-Melodie des Stücks bei Millionen Menschen gleichzeitig die Nackenhaare auf. Er ist sowohl schön als auch nervig – und daher Fluch und Segen zugleich.