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Corona in Deutschland: Wie unterschiedlich Long Covid Männer und Frauen trifft

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Von: Yannick Hanke

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Lang anhaltende Folgen einer Corona-Infektion sind als Long Covid bekannt. Männer und Frauen sind davon jedoch in unterschiedlichem Ausmaß betroffen.

Berlin – Sie fühlen sich permanent müde, sind erschöpft und vergesslich? Das können nur drei der Folgen einer Corona-Erkrankung sein, die im schlimmsten Fall lange anhalten. Dann wird von der „neuen Volkskrankheit“ Long Covid gesprochen. Die gesundheitlichen Langzeitfolgen, von denen sowohl Männer als auch Frauen betroffen sind, können sich dabei sehr unterscheiden. Das zeigt nun eine Studie.

Corona in Deutschland: Männer und Frauen sind laut Studie unterschiedlich stark von Long Covid betroffen

Grundsätzlich gelten mit Blick auf Long Covid vor allem das Erschöpfungssyndrom (Fatigue) und geistige Beeinträchtigungen wie Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen als relativ verbreitet. Doch wo liegen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wenn sie nach einer Corona-Infektion noch länger mit den Folgen und gesundheitlicher Beeinträchtigung zu kämpfen haben?

Links: Ein von einer Corona-Erkrankung genesener Patient bekommt in einer Lungentest-Kabine in einer Rehaklinik die Lungenfunktion gemessen. Rechts: Die „Long Covid“-Patientin Birgit S. beim Riechtraining mit dem HNO-Arzt Herrn Koch im Unfallkrankenhaus Berlin (ukb).
Laut einer Studie kann Long Covid Männer und Frauen in unterschiedlichem Ausmaße treffen. © Uwe Anspach/Jörg Carstensen/dpa/Montage

Die Long-Covid-Symptome haben Forscher der Charité Berlin und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, nun in einer aktuellen Studie untersucht. Anhand der Daten der rund 1000 nachweislich Infizierten konnten sie dabei feststellen, dass Männer und Frauen in Deutschland unterschiedlich von Long Covid betroffen sind. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt The Lancet veröffentlicht.

Long-Covid-Patienten leiden unter Fatigue-Syndrom – wenn Duschen und Einkaufen zur Qual werden

Circa 19 Prozent der untersuchten Corona-Infizierten hätten Symptome des Fatigue-Syndroms, auch chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) genannt, gezeigt. Dabei hätten die Betroffenen von Long Covid vor allem unter einem anhaltenden, starken Schwäche-Gefühl und schneller Erschöpfung gelitten. Die einfachsten Tätigkeiten, sei es Duschen, Einkaufen oder sich ein Brot schmieren, wurden zum regelrechten Kraftakt.

Hintergrundinformationen zur Long-Covid-Studie

Für ihre Studie wertete das Forschungsteam Daten von circa 1000 Patienten aus, die sich zwischen November 2020 und September 2021 nachweislich mit Corona infiziert hatten. Als Vergleichsgruppe ohne vorangegangene Corona-Infektionen wurden ebenfalls circa 1000 Menschen herangezogen, deren Daten für eine Bevölkerungsstudie der Universität Leipzig vor der Pandemie zusammengetragen worden waren.

Schlaf und Ruhepausen würden bei Long Covid, dessen Risiko durch eine Corona-Reinfektion steigt, kaum helfen, weitere Leiden könnten hinzukommen. Laut der Studie sind vom Fatigue-Syndrom eher Frauen, vor allem im Alter von 18 bis 24 Jahren, betroffen. Ebenso wurde ein schwerer Corona-Verlauf, unmittelbar nach der Infektion, als Risikofaktor identifiziert.

Erschöpfungsbeschwerden bei Long Covid sollen nach der Zeit wieder abnehmen

Immerhin: „Die aktuellen Daten geben erste Hinweise darauf, dass das chronische Erschöpfungssyndrom weniger stark ausgeprägt ist, je länger die Erkrankung zurückliegt“. Das sagt Walter Maetzler, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie des UKSH, Campus Kiel, und einer der Studienleiter in Bezug auf die Erkenntnisse zu Long Covid.

Mit der Zeit sollten die Erschöpfungsbeschwerden, die Long Covid mit sich bringt, wieder abnehmen. Zum Verlauf würden derzeit aber auch weitere Studien durchgeführt werden.

Corona in Deutschland: Das sind die Symptome von Long Covid

Long Covid kann besonders bei Männern zu kognitiven Einschränkungen führen

Weitere Folgen einer Corona-Infektion und somit Symptome von Long Covid können aber auch kognitive Einschränkungen wie Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen sein. Diese hätten sich bei 27 Prozent der Untersuchten gezeigt. Vor allem bei älteren Männern wären Symptome dieser Art aufgetreten.

Was ist Long Covid?

Das Robert Koch-Institut (RKI) verweist auf „zahlreiche mögliche gesundheitliche Langzeitfolgen“, die aus einer vorangegangenen Infektion mit dem Coronavirus resultieren können. Diese Beeinträchtigungen treten entweder schon in der akuten Erkrankungsphase auf oder aber erst im Verlauf von Wochen nach der Infektion. Ähnlich ist es in der Leitlinienempfehlung vom britischen „National Institute for Health and Care Excellence“ (NICE) formuliert. Hier wird Long Covid „als gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer Sars-CoV-2-Infektion von vier Wochen fortbestehen oder neu auftreten“, definiert.

„Für uns ist nun interessant, ob die kognitiven Defizite dauerhaft bestehen bleiben, oder ob sie sich zurückbilden. Auch ist die Frage offen, ob durch eine Sars-CoV-2-Infektion Demenzen bei Älteren früher auftreten“, heißt es von Maetzler.

Long-Covid-Studie: Patienten zwischen 25 und 54 Jahren leiden unter Fatigue-Syndrom und kognitiven Einschränkungen

Gleichzeitig kognitive Einschränkungen und Symptome einer chronischen Erschöpfung hätte nur wenige der Älteren beklagt. Bei Patienten zwischen 25 und 54 Jahren wiederum hätte etwa die Hälfte unter Fatigue und kognitiven Einschränkungen gelitten. Daraus schloss das Forschungsteam, dass voneinander unabhängige Faktoren zum Auftreten dieser beiden verbreiteten Folgen führen.

Was ist mit dem Fatigue-Syndrom gemeint?

Der Begriff „Fatigue“ („Müdigkeit“, „Erschöpfung“) wurde 2000 von Gregory Court als „signifikante Müdigkeit, erschöpfte Kraftreserven oder erhöhtes Ruhebedürfnis, disproportional zu allen kürzlich vorangegangenen Anstrengungen“, definiert. In Deutschland wird der Begriff oftmals als Bezeichnung für ein krebsbedingtes Symptom verwendet. Ärzte sprechen aber auch vom „Fatigue-Syndrom“, wenn Erschöpfungssymptome diagnostiziert werden. Und auch bei manchen Virusinfektionen tritt Fatigue als Langzeitfolge auf. (Quelle: „Impact of cancer-related fatigue on the lives of patients: new findings from the Fatigue Coalition“ von Gregory Court u.a.)

Schon seit längerem ist bekannt, dass die Corona-Impfstoffe eine Corona-Infektion pauschal nicht verhindern können. Und trotz der Immunisierung kann es zu Erkrankungen kommen, in seltenen Fällen gar zu schweren. Doch würden die Impfungen laut einer weiteren Studie sehr wahrscheinlich vor Long Covid schützen.

Studie aus Israel: Corona-Impfung kann das Long-Covid-Risiko senken

Hierbei handelt es sich um eine Studie aus Israel, bei der circa 3500 Teilnehmer untersucht wurden, um herauszufinden, welchen Einfluss zwei oder mehr Dosen vom Biontech/Pfizer-Impfstoff auf das spätere Long-Covid-Risiko hatten. Anhand der Daten von circa 1000 nachweislich Corona-Infizierten konnten sie dabei feststellen, dass Menschen, die mindestens doppelt geimpft waren, ein deutlich reduziertes Risiko für die häufigsten Long-Covid-Symptome aufwiesen.

Und das scheint sich auch in der klinischen Praxis abzuzeichnen. Denn nur sehr selten seien unter den mit Long Covid Behandelten auch solche mit Durchbruchsinfektionen, heißt es von Ärztim Jördis Frommhold gegenüber Focus Online. Das würde klar für eine Corona-Impfung sprechen. Denn „neben dem Vorteil eines milderen Verlaufs lassen sich durch eine Impfung sowohl Spätfolgen einer Intensivbehandlung als auch wahrscheinlich Long-Covid-Folgen klar begrenzen“, sagt Frommhold.

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