Nach 20 Jahren Forschung: Erste Brustkrebs-Impfung am Menschen erfolgreich
Eine Brustkrebs-Impfung auf DNA-Basis zeigte in einem ersten Test am Menschen gute Erfolge. Die gewünschte Immunantwort gegen einen bestimmten Typ von Brustkrebs fiel stark aus. Eine wirksame Impfung wäre ein Durchbruch in der Bekämpfung der Krankheit.
Seattle/Bremen – Forschende der University of Washington School of Medicine (UWSM) in Seattle/USA arbeiten bereits seit über 20 Jahren daran, eine Impfung gegen eine bestimmte Form von Brustkrebs zu finden. Nun erzielten sie mit ihrem entwickelten Präparat in der ersten Phase der klinischen Studie am Menschen einen Erfolg: Die Impfung erzeugte demnach eine starke Immunantwort gegen ein Protein, das auf der Oberfläche von Tumorzellen zu finden ist, wie die Universität mitteilte.
Die Forschenden zeigten sich optimistisch, dass der Impfstoff eines Tages zur Behandlung verschiedener Brustkrebsarten verwendet werden kann – natürlich unter dem Vorbehalt, dass dies erst noch weiter geprüft werden müsse.
Die erste Phase der Langzeituntersuchung der Brustkrebs-Impfung ist positiv ausgefallen
Die Ergebnisse der Langzeituntersuchung seien positiv ausgefallen, doch bedürfe es noch mehrerer weiterführender Tests, bis noch aussagekräftigere Resultate vorlägen, erklärt Studienleiterin Dr. Mary L. Disis, die Onkologie an der UWSM lehrt und Leiterin des Cancer Vaccine Institute ist. In dieser ersten klinischen Testphase sollte zum einen die Sicherheit der Impfung überprüft werden und zum anderen wollten die Forschenden herausfinden, ob die Vakzine auf DNA-Basis auch tatsächlich in der Lage ist, eine Immunantwort beim Menschen hervorzurufen.
Bei der Brustkrebs-Impfung handelt es sich um einen Wirkstoff auf DNA-Basis
Bei der verwendeten Impfung handelt es sich um einen Wirkstoff auf DNA-Basis, der auf ein Protein namens HER2 abzielt. HER steht dabei für „Humaner Epidermaler Rezeptor“. Diese Eiweißteilchen auf der Zelloberfläche geben Wachstumssignale in das Innere der Zelle ab. Bei Krebszellen befindet sich oft eine sehr viel größere Anzahl dieser Rezeptorteilchen auf der Oberfläche als bei anderen Zellen. Das Wachstumssignal sorgt dafür, dass sich die Zellen viel häufiger teilen, als Zellen das normalerweise tun. Auf diese Weise entsteht ein Tumor, der unkontrolliert wächst.
Der Impfstoff zeigte eine Immunantwort gegen Brustkrebs vom HER2-positiven Typ
Bei einigen Arten von Brustkrebs spielt dieser HER2-Rezeptor eine wichtige Rolle. In etwa 20 Prozent der Fälle handelt es sich um sogenannten HER2-positive Mammakarzinome. Das bedeutet, dass viele dieser Rezeptoren in den Tumorzellen nachgewiesen wurden. Bei HER2-positivem Brustkrebs handelt es sich um eine nicht-erbliche Krebsart. Die Schwierigkeiten in der Behandlung liegen darin, dass er zum einen sehr schnell und aggressiv wächst und häufig wiederkehrend, also rezidiv, ist.
Bisher wurden diese Tumore mit einer gezielten Antikörper-Therapie behandelt. Diese Therapieform ist zum einen zielgerichteter, zum anderen treten dabei deutlich weniger Nebenwirkungen auf als bei einer klassischen Chemotherapie, die auch im Kampf gegen viele andere Krebsarten wie Lungenkrebs, Darmkrebs oder Hodenkrebs eingesetzt wird.

Die stärkste Immunantwort der Brustkrebs-Impfung zeigte sich bei der mittleren Impfstoff-Dosis
Die Impfung, die von Disis und ihren Kollegen entwickelt wurde, setzt an einer ähnlichen Stelle an. Denn die gewünschte Immunantwort, die sonst im besten Fall über die Antikörpertherapie hervorgerufen wird, soll auch durch ihren Impfstoff hervorgerufen werden. Dazu benutzten sie einen Wirkstoff auf DNA-Basis, der die genetischen Informationen zum Bau von Antikörpern enthalten, die sich an die HER2-Bindestelle anheften und so in der Lage sind, sie zu blockieren. Damit unterscheidet er sich zwar nicht in der Wirkung, aber in der Machart von sonst verwendeten Impfstoffen auf Proteinbasis, bei denen Teile des Proteins verabreicht werden, gegen das Antikörper gebildet werden sollen.
Für die klinische Studie wurden 66 Frauen mit metastasierendem Brustkrebs des entsprechenden Typs drei Gaben des Impfstoffs injiziert. Eine Gruppe erhielt jeweils 10 Mikrogramm, eine zweite Gruppe 100 Mikrogramm und eine dritte 500 Mikrogramm pro Gabe. Die Testpersonen wurden dann in einem Zeitraum von drei bis 13 Jahren regelmäßig medizinisch untersucht und die Entwicklung ihrer Krankheit festgehalten.
„Die Impfung ist sicher. Die Nebenwirkungen fielen leicht aus, ähnlich wie bei der Covid-Impfung.“
„Die Ergebnisse zeigten, dass die Impfung sehr sicher ist“, sagt Studienleiterin Disis. „Die häufigsten Nebenwirkungen, die wir bei rund der Hälfte der Probandinnen festgestellt haben, fielen ähnlich wie bei der Covid-Impfung aus: Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle, manchmal auch leichtes Fieber und grippeähnliche Symptome.“ Den Forschenden zufolge fiel die gewünschte Immunantwort bei den Testpersonen, welche die mittlere Dosis erhalten hatten, am stärksten aus.
Auch wenn die Studie ursprünglich nicht dazu gedacht war, herauszufinden, ob die Impfung ein Voranschreiten der Krebserkrankung verlangsamen oder stoppen kann, so habe sich doch gezeigt, dass es den Probandinnen im Überwachungszeitraum, der im Durchschnitt zehn Jahre betrug, deutlich besser ginge als Patientinnen mit diesem Brustkrebstyp, die sich in einem vergleichbaren Stadium befanden, so Disis. Die Hälfte dieser Frauen würde trotz Behandlung innerhalb von fünf Jahren versterben.
Den Probandinnen geht es nach zehn Jahren besser mit ihrer Brustkrebs-Erkrankung als Frauen ohne Impfung
„Wir kennen unsere Probandinnen jetzt seit zehn Jahren und 80 Prozent von ihnen sind noch am Leben“, erklärt die Onkologin. „Wenn auch die Ergebnisse der zweiten randomisierten Testphase positiv ausfallen, dann ist das für uns ein starkes Signal, schnell die nächste, dritte Testphase einzuleiten. Ich habe große Hoffnung, dass wir ganz nah dran sind, eine Impfung zu haben, mit der wir an Brustkrebs Erkrankten effektiv helfen können.“ Es wäre ein Durchbruch in der Behandlung dieser mit Abstand am häufigsten diagnostizierten Krebsart bei Frauen.
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen – ein wirksamer Impfstoff wäre ein Durchbruch
Nach Daten des Robert-Koch-Instituts erkrankt etwa eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzinom. Zwar ist nur ein Teil davon vom HER2-positiven Typ. Doch sollte sich die Impfung auch in weiteren Tests als wirkungsvoll herausstellen und eine Zulassung von den Arzneimittelbehörden erhalten, könnte zumindest diesen Frauen geholfen werden. Das wird allerdings noch Zeit in Anspruch nehmen. Mit gezielten vorbeugenden Maßnahmen und einem angepassten Lebensstil kann man sein Krebsrisiko allerdings auch selbst reduzieren.