Was der Medizinerin immer öfter auffällt: „Dem Großteil unserer Gesellschaft fehlt mittlerweile die eigene Motivation, sich zu bewegen“, sagt Dr. Saß. Zwei Jahre Corona-Pandemie – oftmals ohne Vereinssport und mit über weite Strecken geschlossenen Freizeit- und Sportstätten – habe die Situation weiter verschlimmert. Statistisch spiegele sich das in der großen Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung wider.
Ein großes Risiko für diese Beschwerden ist Übergewicht. Die Sportmedizinerin spricht von einem Teufelskreis, aus dem viele Betroffene schwer herauskommen: „Denn Übergewicht erschwert die Sportaufnahme deutlich und fordert ein überaus hohes Durchhaltevermögen“, weiß sie. Die ersten paar Male Sporttreiben seien gerade für übergewichtige Menschen eine große Hürde
Ihr Tipp: In kleinen Schritten anzufangen, um zu mehr Ausdauer und Kondition zu finden. „Empfehlenswert sind kleine Einheiten von zehn bis 20 Minuten, ohne gleich einen hochroten Kopf zu bekommen“, rät sie. Erlaubt sei dabei, was einem guttue: Ideal seien Spazierengehen und Schwimmen, aber auch Nordic Walking und Tanzen.
Wer die ersten „alltagstauglichen Schritte“ hin zu einem besseren Durchhaltevermögen erfolgreich meistert, könne dann die nächste Stufe umsetzen: „Statt die Intensität zu steigern, sollte dann die Zeitspanne erweitert werden“, sagt Dr. Saß. Das bedeutet: Wenn möglich, werden tägliche Bewegungseinheiten fest in den Alltag integriert. Die Ärztin empfiehlt zudem, einen Zettel am Kühlschrank als Memo anzubringen: „So werden sie immer an die Trainingszeiten erinnert“, weiß sie.
Ebenfalls ein aus ihrer Sicht bewährtes Rezept, damit die Konditions-Elemente nicht wieder in Vergessenheit geraten: „Sie sollten möglichst viele Freunde, Verwandte oder Kollegen einbinden“, so die Sportmedizinerin. Denn bewiesen ist: Indem wir Ziele wie „Ich laufe jetzt jede Woche dreimal 30 Minuten“ mit anderen teilen, erhöhen wir den Druck von außen – und damit auch unsere eigene Motivation.
Warum es so wichtig ist, es langsam angehen zu lassen, wenn man die Ausdauer verbessern will: „Die schnellere Ermüdung bei Untrainierten führt auch zu einem erhöhten Verletzungsrisiko und die Sturzwahrscheinlichkeit erhöht sich.“ Eigene Grenzen sollten immer bewusst wahrgenommen werden. Dr. Anika Saß rät deshalb beim Einstieg in ein bewegungsreicheres Leben zu einer guten Beratung, um realistische Ziele zu erreichen – gerade auch wenn Übergewicht, Asthma, Osteoporose, Bluthochdruck, Diabetes und weitere Vorerkrankungen hinzukommen.
„Wir raten zu einer sportmedizinischen Vorsorgeuntersuchung gegebenenfalls mit Belastungs-EKG“, so die Oberärztin. Individuelle Trainingspläne könnten helfen, Bewegung, Ausdauer und Fitness individuell zu steigern, ohne sich dabei zu überlasten. Dabei könnten auch (künftige) Freizeit-Sportler von den Erfahrungen aus dem Profi-Sportbereich profitieren, so Dr. Saß.
„Bei Leistungssportlern ist jährlich eine sportmedizinische Untersuchung vorgeschrieben“, sagt sie. Diese Check-Ups helfen nach ihren Worten, die meisten Verletzungen und Überlastungsprobleme zu vermeiden, da bereits im Vorfeld durch eine sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung Risikofaktoren, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen erkannt und zunächst eingestellt werden können.
Aus Sicht der Sportmedizinerin genauso wichtig auf dem Weg hin zu „mehr Puste“: gezielte Regeneration, wie sie auch die Profis betreiben. Gute Methoden dafür seien warme Bäder oder Saunabesuche. Empfehlenswert außerdem: ein begleitendes Koordinationstraining – zum Beispiel mit einem Therapiekreisel oder einem Schwingstab – oder auch Übungen wie Pilates, um den Rumpf zu stabilisieren.