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Demenz, Asthma und Co: Wie unterschiedlich krank Männer und Frauen sind

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Von: Yannick Hanke

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Links: Ein kranker Mann liegt am 27.08.2013 im Bett und misst Fieber. Rechts: Eine ältere Frau liegt mit Grippe im Bett. Ihre Temperatur wird mit einem Fieberthermometer gemessen.
Krankheiten fallen bei Männern und Frauen verschieden aus. Doch welche betrifft es genau? © Andreas Gebert/dpa/Wolfgang Maria Weber/imago/Montage

Wer hätte das gedacht: Frauen und Männer sind ganz unterschiedlich krank. Laut eines Experten berücksichtigen Ärzte geschlechtsspezifische Besonderheiten zu selten.

Berlin – Ganz gleich, ob es nun um Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Osteoporose (Knochenschwund) geht – es gibt diverse Krankheiten, bei denen Frauen und Männern von ihren Ärztinnen und Ärzten oftmals falsch behandelt werden. Und das hat einen Grund. Nämlich den, dass Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung geschlechtsspezifische Besonderheiten viel zu selten berücksichtigten.

Frauen und Männer sind anders krank: Ärzte berücksichtigen die geschlechtsspezifische Besonderheiten oft nicht genügend

Ja, richtig gelesen. Beispielsweise können die Symptome für einen drohenden Herzinfarkt übersehen werden, weil sie bei Frauen anders sind. Oder aber beim Mann der Knochenschwund, der gemeinhin als Frauenkrankheit gilt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Medikamente bei Männern völlig anders wirken als bei Frauen.

Zeit, einen Experten mit einzubeziehen. Burkhard Sievers, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, erklärt nämlich in seinem Buch „So heilt man heute“, welche Krankheiten eher Frauen treffen, welche eher Männer und wie sich die Symptome unterscheiden können.

Wie sich Bluthochdruck bei Männern und Frauen unterscheidet

An Bluthochdruck, den ein Medikament senken soll, würden Frauen und Männer bis zum 44. Lebensjahr etwa gleich häufig leiden. Zu einem Unterschied kommt es dann zwischen dem 45. und 64. Lebensjahr. Dann hätten nämlich schon 34,4 Prozent der Männer und 28,7 Prozent der Frauen einen zu hohen Druck in den Gefäßen. Bei den über 65-Jährigen gleicht sich der Anteil von Männern und Frauen dann an.

Das eingangs bereits skizzierte Problem: Bei allen Blutdruckdefinitionen und Grenzwerten wird nicht zwischen Frauen und Männern unterschieden. Dabei würde alles darauf hindeuten, dass Frauen nun mal niedriger Blutdruckgrenzwerte haben sollten als Männer. Denn das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen steigt bei Frauen schon bei deutlich niedrigeren Werten als bei Männern.

Das Risiko für einen Schlaganfall bei Frauen ist beispielsweise ab einem Blutdruck von 120 mmHg erhöht, bei Männern aber erst ab 150, wie bild.de unter Verweis auf vier US-Kohorten-Studien berichtet. Deswegen soll es künftig getrennte Norm- und Grenzwerte für Frauen und Männer geben, die auch den Blutdruckunterschied berücksichtigen. Demnach wäre 120/80 mmHg statt 140/90 für Frauen optimal. Sie sollen dann früher und bereits bei niedrigeren Werten behandelt werden. Doch müssten Studien das noch belegen.

Mehr Frauen von Asthma betroffen als Männer – wirkt Testosteron schützend auf die Bronchien?

Die geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich bei Asthma schon in der Kindheit. So trifft die Erkrankung der Atemwege in den ersten Lebensjahren mehr Jungen als Mädchen. Im Erwachsenenalter sind dann mehr Frauen als Männer von Asthma betroffen. Eine wesentliche Rolle hierfür würden Sexualhormone spielen.

Schließlich ist das weibliche Bronchialsystem empfindlicher als das männliche, was durch einen erhöhten Östrogenspiegel begünstigt wird. Zudem steht bei den kleineren weiblichen Organen weniger Fläche zur Verfügung, auf die sich Schadstoffe oder Allergene verteilen können. Deswegen, so die Schlussfolgerung, würde das männliche Sexualhormon Testosteron scheinbar einen schützenden Effekt auf die Bronchien haben.

Männer haben weniger Lungenkrebs als früher – Zahl bei Frauen wegen mehr Rauchen steigend

Lungenkrebs hätten Männer etwas seltener, als es früher der Fall gewesen ist. Bei Frauen hingegen steigt die Zahl der Fälle vor allem im jüngeren und mittleren Lebensalter an. Eine Ursache hierfür sei, dass immer mehr Frauen rauchen würden. Sie hätten dabei bei gleichem Zigarettenkonsum ein höheres Lungenkrebsrisiko als Männer.

Der Grund: ihre Lungenfunktion ist schneller eingeschränkt. Das liegt möglicherweise an genetischen und hormonellen Faktoren. Aber auch an dem Fakt, dass weibliche Lungen ein geringeres Volumen haben als männliche.

Herzerkrankungen: Frauen werden seltener auf Risikofaktoren des Herzens getestet als Männer

Laut Sievers würden Frauen deutlich seltener auf Risikofaktoren des Herzens getestet als Männer. Die unterschiedlichen Symptome seien hierfür der Hauptgrund. Lehrbücher würden meist nur typische männliche Beschwerden wie Druckgefühle auf der linken Brust, die in den linken Arm und die linke Kieferregion ausstrahlen, beschreiben.

Doch nur bei 60 bis 70 Prozent der Frauen ist das auch so. Stattdessen treten untypische Beschwerden auf. Hiermit sind unter anderem Luftnot, Leistungsschwäche, Schmerzen im Oberbauch oder im Rücken gemeint. Das hätte Fehldiagnosen wie Schmerzen des Bewegungsapparats, Magen-Darm-Erkrankungen oder psychosomatische Probleme zur Folge.

Mehr Frauen von Osteoporose betroffen als Männer – wie Knochenschwund entsteht

Vom Knochenschwund sind sehr viel mehr Frauen als Männer betroffen. Wie unter anderem das Biologieunternehmen Amgen berichtet, hätten aktuell ungefähr 5,2 Millionen Frauen und 1,1 Millionen Männer in Deutschland eine Osteoporose. Ab 50 sei eine von vier Frauen und einer von 17 Männern betroffen. Bei Männern tritt der Knochenschwund dabei mehrheitlich erst nach dem 70. Lebensjahr auf. In 80 bis 90 Prozent der Fälle hätten Frauen die primäre Form des Osteoporose. Diese entsteht durch den natürlichen Abbau von Östrogen.

Bei Männern entwickelt sich Osteoporose nur bei 40 Prozent durch Testosteronmangel. Grundsätzlich entsteht die Krankheit in 60 Prozent der Fälle unter anderem durch zu wenig Bewegung, zu viel Alkohol, eine chronische Darmentzündung oder durch Medikamente wie Kortison. Diese Knochenschwund-Form beginnt bei Männern schon zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Das Problem: Das empfohlene Osteoporose-Screening ab dem 70. Lebensjahr, kommt dann zu spät. Treten Rückenschmerzen auf, sollte deshalb schon früher auf Osteoporose untersucht werden.

Zudem sind die Grenzwerte bei der Knochendichtemessung möglicherweise zu niedrig angesetzt. Entsprechend ist die Gefahr von Brüchen bei Männern erhöht. Je nach Geschlecht trifft es auch unterschiedliche Knochen. Denn während sich Frauen häufiger den Unterarm und die Wirbelsäule brechen, ist es bei Männern eher die Lendenwirbelsäule.

Warum mehr Frauen an Demenz erkranken als Männer

Etwa 1,6 bis 1,7 Millionen Menschen in Deutschland sind an Demenz erkrankt, davon sind 1 bis 1,1 Millionen Frauen. Das würde zum einen daran liegen, dass sie länger leben. Zum anderen gebe es aber auch Hinweise auf Zusammenhänge mit Hormonschwankungen. Denn in Phasen mit hormonellen Umstellungen treten bei Frauen (Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre) gehäuft Depressionen auf, die wiederum das spätere Demenzrisiko erhöhen.

Zudem würden Frauen im fortgeschrittenen Alter mehr unter chronischem Stress, Ängsten und Bewegungsmangel leiden als Männer ihrer Generation. Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass Frauen häufiger dement werden. Weitere geschlechtsspezifische Faktoren bei der Demenz sind:

Auch Wirkung von Medikamenten unterscheidet sich bei Männern und Frauen

Geschlechterspezifische Unterschiede zeigen sich auch bei Medikamenten. Sowohl die Wirkungen als auch die Nebenwirkungen können bei Frauen anders sein als bei Männern. Das sind die konkreten Fälle:

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