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Tod von Sammy B. in Amsterdam: Obduktionsbericht liegt vor, doch Fragen bleiben offen

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Von: Florian Dörr

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Nach dem Tod von Sammy B. in Amsterdam erheben die Eltern des Wetzlarers schwere Vorwürfe gegen die Polizei.
Nach dem Tod von Sammy B. in Amsterdam erheben die Eltern des Wetzlarers schwere Vorwürfe gegen die Polizei. © picture alliance/“ginopress B.V.“/ANP/dpa

Im vergangenen August wurde Sammy B. aus Wetzlar in Amsterdam von Polizisten erschossen. Und auch über acht Monaten nach der Tat sind viele Fragen rund um den tragischen Tod des 23-Jährigen aus Mittelhessen weiterhin offen.

Nun liegen Obduktionsergebnisse vor, wonach der Fitness-Influencer vor seinem Tod 0,0011 mg/l THC im Blut und keinerlei andere Rauschmittel genommen hatte. Der Wert gilt als gering. „Aufgrund der Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung kann nicht auf eine Beeinflussung des Bewusstseins/Verhaltens durch Alkohol, Drogen, Medikamente oder Pestizide zum Todeszeitpunkt geschlossen werden“, heißt es in dem Bericht. Dennoch könnten die Stoffe eine verheerende Wirkung gezeigt haben. „Wir gehen von einer plötzlichen Psychose aus“, hatten die Eltern bereits kurz nach dem schrecklichen Vorfall erklärt. Davon gehen sie auch weiterhin aus. Studien belegen, dass der Cannabis-Wirkstoff THC paranoide Gedanken auslösen kann.

Sicher ist: Das Verhalten des 23-Jährigen, der mit Freunden in Amsterdam war, um seinen Geburtstag zu feiern, änderte sich nach einem Coffeeshop-Besuch, wo sich die Gruppe offenbar einen Joint und einen Muffin teilte, deutlich: Sammy B. verschwand letztlich spurlos. Seine Eltern meldeten ihren Sohn bei der Polizei in Amsterdam als vermisst, auch wiesen sie die Beamten darauf hin, dass der junge Mann vor seinem Verschwinden einen verwirrten Eindruck gemacht habe und ärztliche Hilfe benötigt.

Einen Tag später ist Sammy B.s Mutter in Amsterdam eingetroffen, gemeinsam mit seinen Freunden macht sie sich auf die Suche nach ihrem Sohn. Sie finden ihn, weil er ihnen über ein geliehenes Handy seinen Standort mitteilt, im Südwesten der Stadt. Doch der 23-Jährige - zu diesem Zeitpunkt nur bekleidet mit Boxershorts und T-Shirt - wirkt verwirrt, möchte nicht zu seinen Helfern ins Auto steigen. Ein Polizist wird um Unterstützung gebeten, doch Sammy B. flüchtet bis in einen Hinterhof, wo er von Beamten umstellt wird.

In einem Amateur-Video ist zu hören, wie Sammy B. - er hält sich zu dieser Zeit ein Taschenmesser an den Hals - nun mehrfach nach einem Arzt ruft. Doch die Polizisten vor Ort lehnen offenbar ab, der Zugriff mit einem Diensthund misslingt: Das Tier läuft an dem 23-Jährigen vorbei, weil es ihn offenbar nicht als Gefahr wahrnimmt. Von den Polizisten wird er gewaltsam von hinten zu Boden gebracht. Es kommt - offenkundig im Affekt - zu einer Abwehrreaktion von Sammy B., dann fallen vier Schüsse, von denen drei den jungen Mann treffen. Er stirbt vor Ort.

Später heißt es bei den Beamten in Amsterdam, die Polizisten hätten in Notwehr gehandelt. Und: Sammy B. habe mit dem Messer einen Polizisten an der Weste getroffen. Inzwischen ist klar: An der Weste wurden keine Schäden festgestellt. Erste Angaben, wonach Sammy B. ein Messer mit einer 30 Zentimeter langen Klinge bei sich gehabt habe, wurden ebenfalls bereits revidiert. Dennoch erklären die Behörden weiterhin, die Polizisten hätten sich in einer Bedrohungslage befunden.

Die Eltern von Sammy B. erheben schwere Vorwürfe gegen die Polizei in Amsterdam: „Insbesondere betonten wir dabei, dass unser Sohn aufgrund seines unerklärlichen und plötzlichen Verschwindens und seiner Wesensveränderung medizinische Hilfe und Betreuung benötigte. Zwar bestanden vielversprechende Möglichkeiten, Samuel aufzufinden und in Sicherheit zu bringen, diese vereitelte die Amsterdamer Polizei allerdings durch ihr wiederholt unbedachtes Vorgehen“, hatten sie sich bereits im vergangenen September öffentlich geäußert. Ob es zu einer Anklage gegen die Polizeibeamten kommt, die die tödlichen Schüsse auf den 23-Jährigen abgaben, das ist weiterhin unklar.

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