Hannover vor der Tür, die Bahamas im Hinterkopf

Hannover - Von Gerd Töbelmann. Die verpasste Olympia-Teilnahme in Rio de Janeiro ist vergessen – Anna-Lena Freese blickt nach ihrem auskurierten Muskelbündelriss im linken Oberschenkel, den sie sich Mitte Mai im Training zugezogen hatte, nur noch nach vorn. Seit fünf Wochen ist die 22-jährige Sprinterin vom FTSV Jahn Brinkum im Landesleistungszentrum Hannover wieder im Training und bereitet sich auf die Leichtathletik-Hallensaison vor. „Es ist alles gut zusammengewachsen, und ich bin optimistisch“, ist Freese wieder voller Tatendrang.
Momentan steht unter Trainer Björn Sterzel das Athletiktraining im Vordergrund, um die Grundlagen zu schaffen. „Da gehen wir auch schon mal raus, um einige Läufe zu machen“, berichtet die Brinkumern. Aber natürlich stehen auch Einheiten im Kraftraum auf dem täglichen Programm der Top-Leichtathletin, von der Sterzel sagt, „dass sie im gesunden Zustand in Rio das Halbfinale über 200 Meter hätte erreichen können“.
Dass Freese vor wichtigen Wettkämpfen immer mal wieder verletzt war, hat natürlich auch ihr Trainer bemerkt. Wird da in der Trainingssteuerung nun ein anderer Weg gegangen? „Ich verändere das Pensum mit Anna-Lena ohnehin von Jahr zu Jahr und ziehe meine Lehren aus den Vorkommnissen im Jahr zuvor“, sagt Sterzel. Und wie sehen die für die nähere Zukunft aus? „Wir müssen ganz klar an den Schwachstellen von Annas Körper arbeiten. Aber so einfach ist das auch nicht, denn die Verletzungen traten nie an immer derselben Stelle auf. Allerdings werden wir die Zusammenarbeit mit den Pysiotherapeuten noch intensivieren“, erklärte der 34-Jährige gestern.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Freese durch die Verletzung ihren Status als Athletin im Junior-Elite-Team des Bundeskaders unter Sprinttrainer Ronald Stein nicht verloren hat. Nicht ganz unwichtig, denn die dadurch möglichen finanziellen Zuwendungen des Deutschen Leichtathletik Verbandes sind unter anderem die Grundlage, um auch einmal etwas kostenintensivere Trainingslager zu finanzieren.
Momentan jedoch spielt sich alles in Hannover ab. Sterzel würde zwar gern Anfang des kommenden Jahres ein Traininhslager in südlichen Gefilden aufschlagen, doch da muss erst einmal abgeklärt werden, ob Freeses Berufsschul-Block da nicht im Wege steht. Hintergrund: Seit dem 1. September absolviert die Sprinterin bei ihrem langjährigen Sponsor eine Ausbildung zur Industriekauffrau.
Keine 200 Meter: Risiko zu groß
Freeses Wettkampfkalender in der Hallensaison hält sich in ziemlich engen Grenzen: „Ich werde nur zwei oder drei Starts haben.“ Der erste ist unmittelbar vor ihrer Haustür geplant, denn vom 20. bis 22. Januar 2017 finden in der Leinemetropole die Hallen-Landesmeisterschaften statt. „Das ist immer eine nette Sache“, sagt Freese und hofft dabei auf ein erfolgreiches Comeback unter Wettkampfbedingungen. Die 200-Meter-Spezialistin wird unter dem Hallendach allerdings nur über 60 Meter an den Start gehen und begründet das so: „In der Halle sind die Kurven über 200 Meter sehr eng. Da entsteht ein hoher Druck auf die Oberschenkel. Und dem möchte ich mich noch nicht aussetzen, um keine weitere Verletzung zu riskieren.“ Mit ihrer Bestzeit von 7,42 Sekunden sollte der Landestitel nur Formsache sein. Als Highlight warten dann am 18. und 19. Februar die Deutschen Meisterschaften in Leipzig. „Es wäre schön, wenn ich da über 60 Meter ins Finale kommen könnte“, blickt Freese schon voraus.
Und auch Sterzel hat den Blick nach vorn gerichtet, wobei ihm die Hallensaison gar nicht so wichtig ist: „Im April 2017 finden auf den Bahamas die Staffel-Weltmeisterschaften statt. Dann sollte Anna möglichst in Topform sein.“