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Diskussion im Rathaus über Umbenennung der Lent-Kaserne

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Moderator Stefan Pulß führte das Gespräch mit Marc Andreßen vom Bündnis 90/Die Grünen (l.), Jakob Knab von der „Initiative gegen falsche Glorie“ und Bürgermeister Andreas Weber (r.) über die Frage „Darf die Lent-Kaserne weiterhin ihren Namen tragen?“ - Fotos: Jürges
Moderator Stefan Pulß führte das Gespräch mit Marc Andreßen vom Bündnis 90/Die Grünen (l.), Jakob Knab von der „Initiative gegen falsche Glorie“ und Bürgermeister Andreas Weber (r.) über die Frage „Darf die Lent-Kaserne weiterhin ihren Namen tragen?“ © Jürges

Rotenburg - Von Cathleen Jürges. Ist Helmut Lent ein Kriegsverbrecher oder ein Opfer der Militärgeschichte? Das ist die Frage, die ganz Rotenburg seit vielen Monaten stark beschäftigt. Im Ratssaal hatte das Nordwestradio zu einer Diskussion eingeladen. Thema: Darf die Lent-Kaserne ihren Namen weiterhin behalten oder muss sie umbenannt werden?

Hitlerfreund und Nazigeneral – das sind die Worte, die Jakob Knab am Mittwochnachmittag für den 1944 verstorbenen Kriegsveteran Helmut

Jakob Knab
Jakob Knab

Lent benutzt. Vehement und wild gestikulierend verteidigt der Vertreter der „Initiative gegen falsche Glorie“ die Umbenennung der Kaserne. „Es geht um Grundwerte unserer freiheitlichen Verfassung, und Lent ist nicht erinnerungswürdig“, sagt der ehemalige Studiendirektor. Aus den Reihen der rund 20 Besucher ertönt lauter Beifall.

Moderator Stefan Pulß fasst für die Zuhörer zusammen: „Es geht um die Frage, ob Helmut Lent sich um Recht und Freiheit verdient gemacht hat – hat er das?“ Das Wort wird an Rotenburgs Bürgermeister Andreas Weber (SPD) gerichtet. „Ich sehe in dem Namen eine lange Tradition und Identifikation. Soldaten verbinden den Namen mit ihrem Ausbildungsort. Ich hatte nie das Gefühl, dass hier eine Glorifizierung stattfindet. Lent ist eher ein Opfer der Militärgeschichte gewesen.“

Die Meinungen spalten sich. Unter den Besuchern wird nun leise diskutiert. „Er hat doch Menschen getötet, das ist ein Mörder!“, heißt es unter anderem. Die Stimmung im Saal spannt sich langsam, aber spürbar an. Bundestagsmitglied Lars Klingbeil (SPD) wird aus Berlin zugeschaltet. „Es ist eine sehr schwierige Diskussion“, sagt der Bundespolitiker, „die Biographie von Lent ist nicht eindeutig. Mir sind nun auch Zweifel gekommen. Als Parlamentarier trau ich mir deshalb nicht zu, zu bewerten, ob Lent als Nazi glorifiziert wurde.“

Moderator Stefan Pulß fordert eine klare Meinungsäußerung seitens des Politikers aus dem Verteidigungsausschuss: „Ich setze Ihnen jetzt mal die Pistole auf die Brust, um im militärischen Sprachgebrauch zu bleiben: Darf die Kaserne den Namen Lent tragen?“ Klingbeil antwortet zögernd: „Wir würden sie heute sicherlich nicht nach Lent benennen, aber wir haben in letzter Zeit viel über die Person Lent erfahren. Und er hat sich laut einiger Gutachten innerlich vom Nationalsozialismus distanziert. Deshalb kann ich verstehen, falls die Entscheidung fällt, es beim Namen zu belassen.“

Doch die Meinungsbildung soll vor allem vor Ort stattfinden, betont der SPD-Politiker. Es gehe darum, dass sich die Soldaten in der Kaserne und die Rotenburger selbst zur möglichen Umbennung äußern. Die Entscheidung sei maßgebend für das Bundesministerium. Laut Klingbeil habe sich die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch nicht entschieden.

Die Tendenz im Saal ist ebenso uneindeutig. Marc Andreßen vom Bündnis 90/ Die Grünen äußert sich folgendermaßen: „Es gibt in der Bundeswehr eine Tradition Kasernen nach verstorbenen Verteidiungsministern zu benennen. Das ist eine Tradition der Bundeswehr und ich denke eine sehr gute und annehmbare. Aber Lent ist nicht ehrbar. Er war eigentlich ein Nazi. Eine Umbenennung wäre einfach zeitgemäß.“

Knab schließt sich in der Diskussion dem Utteil des Grünen-Politikers an: „Lent war ein funktionierendes Rad der Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten!“ Aus den Reihen der Zuhörer vor Ort kommen laute Zwischenrufe und Widersprüche. „Was ist denn ein eigentlicher Nazi, und was ein uneigentlicher?“ Die Diskussion droht schon beinahe zu einer Grundsatzdiskussion auszuarten.

Bügermeister Weber hält gegen die Verurteilung: „Wir können aus unserer Perspektive, wir, die wir den Krieg gar nicht miterlebt haben, niemanden verurteilen.“ Solche Worte bringt auch Lars Klingbeil zum Abschluss der Hörfunksendung hervor: „Wenn Lent die Propaganda aktiv unterstützt hat, muss der Name geändert werden, aber eine endgültige Beurteilung der Person können wir nicht vornehmen, dazu fehlt das Wissen.“

Held oder Mörder? Wohl eher ein Antiheld. Die Frage muss aber noch ausdiskutiert werden. Derzeit wird auf eine Entscheidung seitens der Soldaten aus der Lent-Kaserne gewartet. Die Diskussion ist noch nicht beendet.

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