1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Oldenburg
  4. Harpstedt

„Wein“ auf Reis-Basis wird ähnlich wie Bier gebraut

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Früher hat Akiko Buchtmann für eine japanische Firma gearbeitet, die hochwertige Weine importierte. Nun zieht es die 44-Jährige zurück in die Getränkebranche. Mit dem „Sake Markt“, der online Reiswein vertreibt, hat sie sich selbständig gemacht. Ihr Mann Michael unterstützt sie mit Rat und Tat.
Früher hat Akiko Buchtmann für eine japanische Firma gearbeitet, die hochwertige Weine importierte. Nun zieht es die 44-Jährige zurück in die Getränkebranche. Mit dem „Sake Markt“, der online Reiswein vertreibt, hat sie sich selbständig gemacht. Ihr Mann Michael unterstützt sie mit Rat und Tat. © boh

Gross Köhren - Sake „firmiert“ hierzulande im Sprachgebrauch als Reiswein. Experten und Behörden hören diesen irreführenden Begriff nicht gern. „Weil Wein grundsätzlich aus Trauben gemacht wird“, erklärt Michael Buchtmann aus Groß Köhren. „Für die Herstellung von Sake werden indes Reis, Hefe und Wasser verwendet. Die Zugabe zusätzlichen Alkohols ist zwar gestattet, kommt aber für gewöhnlich nur bei den preiswerteren Sorten zur Anwendung“, weiß seine Frau Akiko, die in der japanischen Stadt Nara aufwuchs und früher in ihrem Heimatland für einen Weinimporteur arbeitete. Nun zieht es die zweifache Mutter zurück in die Getränkebranche. Seit kurzem betreibt sie einen Online-Handel für Sake.

Ihr Mann steht der Existenzgründerin mit Rat und Tat zur Seite. Zweimal hatte es ihn aus beruflichen Gründen nach Nippon verschlagen: 1997/98 absolvierte er beim Anlagenbauer „Ikuta“ ein Praxissemester im Rahmen seines Maschinenbaustudiums in Kyoto. Im Anschluss arbeitete er für dieselbe Firma rund zweieinhalb Jahre als Konstrukteur. Während eines dienstlichen Fluges nach Japan lernte er „über Russland“ seine spätere Ehefrau kennen, die zuvor mit einer Kunden-Gruppe verschiedene Weingüter in Deutschland besucht hatte. 2001 heiratete das Paar. Akiko Buchtmann ließ Japan hinter sich und gründete mit ihrem Mann in Groß Köhren eine Familie: Die Kinder Lukas (8) und Lea (6) wachsen zweisprachig auf.

„Der Sake, den ich importiere, stammt von den Herstellern Kitagawa in Kyoto und Ueda in meiner Geburtsstadt Nara“, verrät die gebürtige Japanerin. Vier Monate Fernstudium liegen hinter ihr: Die 44-Jährige hat die Ausbildung zur Sommelière für japanischen Reiswein mit Erfolg abgeschlossen. Im Rahmen ihrer Prüfung musste sie verschiedene Sorten begutachten und beschreiben.

Sake wird nicht gebrannt. Die Herstellung ähnelt eher einem Brauverfahren, wie es bei Bier zur Anwendung kommt.

Nach dem Schälen des Reises folgt das Polieren, sozusagen das Herunterraspeln der äußeren Hülle. Dabei verliert das Korn entscheidend an Größe. Je mehr „Mantel“ abgetragen werde, desto besser sei später die Sake-Qualität – und desto teurer das Produkt, verrät Akiko Buchtmann schmunzelnd. Der verbleibende perlenförmige Reis quillt nach ausgiebigem Waschen in Wasser, wird dann gebrüht und schnell abgekühlt.

Anders als Obst gärt der stärkehaltige Reis nicht von selbst. Im Produktionsprozess spaltet daher ein Enzym, das in den Sporen des Koji-Schimmels enthalten ist, die Stärke in Zucker, der dann wiederum den Hefezellen als „Futter“ für die Alkoholgewinnung dient.

Die Fermentation spielt sich bei preiswerteren Sake-

Aktuell 470

Flaschen eingelagert

Sorten in Metall- und bei hochwertigen in Holzgefäßen ab. „Am ersten Tag erfolgt der Zusatz von Hefe; am zweiten macht der Reis gewissermaßen Pause, am dritten und vierten kommen jeweils Wasser und weiterer gedämpfter Reis hinzu. Wenn die eigentliche Gärung eingesetzt hat, trübt sich der Sake ein, und es gilt, die trüben und klaren Bestandteile voneinander zu trennen“, erläutert Akiko Buchtmann. Nach der Pasteurisierung werde der Reiswein in Tanks oder Fässern gelagert, dann gegebenenfalls mit Wasser verdünnt, nochmals pasteurisiert und schließlich abgefüllt. Im Schnitt liege der Alkoholgehalt bei gut 15 Prozent.

Noch neu auf dem Markt sei „Sparkling Sake“, prickelnder Reiswein – feinperlig wie Prosecco und beispielsweise in New York gerade total „in“. „Den vertreibe ich auch“, erzählt die Sommelière nicht ohne Stolz. Sake ohne Alkohol hat sie hingegen nicht im Sortiment. Die promillefreie, extrem süße Variante heißt Amezake und wird in Japan am „Mädchentag“, 3. März, an die Mädchen ausgeschenkt. „Hina-Matsuri“ heißt dieser Feiertag in der Landessprache. Ein festes Ritual, das dazu gehört, ist das Ausstellen von extrem teuren Puppen, die traditionelle Kostüme der Heian-Periode tragen. Sie symbolisieren den Kaiser und die Kaiserin mit Hofstaat und sollen vor bösen Geistern schützen.

„Den hochwertigen, nur aus Reis, Wasser und Hefe gebrauten Sake trinken die Japaner generell kalt. Nur dann kommen fruchtiges Aroma und elegantes Bouquet richtig zur Geltung“, findet Akiko Buchtmann. Die günstigeren, mit Zusatzalkohol versetzten Varianten seien indes auch warm zu genießen. Je nach Qualität variierten die Preise erheblich. Anders als bei Wein käme aber niemand auf die Idee, Sake für eine halbe Ewigkeit einzulagern. 100 Jahre alter Reiswein sei wohl in ganz Japan nicht zu finden, vermutet die Wahl-Köhrenerin. Gleichwohl könne Sake, wenn er eine Zeit lang lagere, im Geschmack „etwas milder und runder“ werden.

Die Buchtmanns sehen auch in der Bundesrepublik einen wachsenden Markt für Sake. 470 Flaschen lagern aktuell in ihrem privaten Depot. Dank Luftfracht kann für gewöhnlich binnen zwei Wochen nachgeliefert werden.

boh

www.sake-markt.de

Auch interessant

Kommentare