Klare Worte bei Demonstration

Nienburg - von Kristina Stecklein. Hunderte Eltern, Schüler und weitere Betroffene demonstrierten am Freitagmorgen gegen den Lehrermangel an der Grundschule am Bach.
Brechend voll war das Schulgelände der Grundschule am Bach um 7.50 Uhr. Kinder saßen auf dem Boden, schrieben mit Kreide „Wir brauchen Lehrer bitte“ und „Hilfe“. Schultaschen lagen aneinander gereiht auf dem Boden.
So glücklich die zum Teil lachenden Schüler auch schienen, so schwerwiegend ist das Problem an der Schule: Es fehlen Lehrkräfte. Zum Teil müssen die Schüler auf Nebenfächer gänzlich verzichten. Der Elternrat lässt dies nicht auf sich sitzen – und präsentierte am Freitagmorgen, was mit viel Engagement und vor allem anfänglicher Hilflosigkeit möglich ist.
Diesen Aufstand ließen sich auch überregionale Medien nicht entgehen: Sowohl Sat 1 als auch die „Bild“ waren vor Ort, um die Stimmung an der Schule aufzufangen. Guido Rieche, Vorsitzender des Schulelternrats, präsentierte vor Schülern, Eltern und Politikern die aktuellen Zahlen. Lehrer müssten zum Teil in zwei Klassen gleichzeitig als Klassenlehrer fungieren. In einem sechsseitigen Beschwerdebrief haben die Eltern nun eigene Statistiken zum Unterrichtsausfall beigelegt und konkrete Fragen zur aktuellen Situation gestellt. Während die durchschnittliche Unterrichtsversorgung der Grundschulen in Niedersachsen bei 98,9 Prozent liegt, findet in Erichshagen gerade einmal 73,5 Prozent des Unterrichts statt.
Ersichtlich wird die Verzweiflung der Eltern an einer eigentlich unglaublichen Aktion: Gemeinsam mit einigen lokalen Sponsoren stellen sie einer Lehrkraft mit Bedarf ein Jahr lang ein Auto zur Verfügung. All das, um den Unterricht der eigenen Kinder zu sichern. Etwas, das auch Jan Ahlers von der CDU als „sehr beeindruckend“ empfindet. „Hier muss wieder Unterricht stattfinden“, betont er. Und auch Grant Hendrik Tonne, SPD, fand nur Lob für den Einsatz der Eltern. „Danke an die Schule und Danke an alle, für das, was Sie hier auf die Beine gestellt haben“, sagt das Mitglied des deutschen Landtags.

Zwischenzeitlich gibt es aber immer wieder Rufe der Eltern. Warum man das Gehalt der Lehrer nicht erhöhen könne. „Das ist eine Frechheit“, sagt die Mutter entrüstet. Dabei ist es tatsächlich so: Entlohnung ist Ländersache. Das bestätigt auch Helge Limburg, Abgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag. Doch das sieht er nicht als einziges Problem. „Bezahlung ist längst nicht der einzige Punkt“. Die Lehrer würden auch guten Unterricht leisten wollen und einen Bezug zu den Kindern aufbauen – in der aktuellen Situation ist das aber kaum möglich. Bezahlung sei lediglich ein Baustein. „Wir müssen den Lehrerberuf attraktiver gestalten“, lautet sein Lösungsvorschlag.
Limburg selbst ist Vater, seine älteste Tochter im Grundschulalter. Auch er bekommt den Lehrermangel damit leibhaftig mit. „Für Berufstätige ist das eine Katastrophe – für Kinder der absolute Mist“, sagt er in aller Deutlichkeit und erntet damit zustimmendes Nicken der besorgten Eltern.

Auch der niedersächsische Schuldezernent Mario Hippenstiel, ebenfalls zuständig für den Landkreis Nienburg, war der Einladung des Elternrates gefolgt und zur Demonstration gekommen. Ein öffentliches Statement auf der Bühne gab es aber nicht. Den Grund erklärt er im persönlichen Gespräch: „Es gibt eine offizielle Pressemitteilung. Wir haben uns dazu entschlossen, als Verwaltungsbehörde kein Statement zu liefern.“ Das Anliegen werde aber sehr ernst genommen. „Es ist schon beeindruckend, was die Eltern auf die Beine gestellt haben“, gibt Hippenstiel zu. Auf die Frage, ob bereits ab dem neuen Schuljahr etwas geschehen würde, kann er keine Antwort geben. „Dann wäre ich ja Wahrsager“, sagt der Dezernent lachend. Auch zur misslichen Lage an anderen Schulen wollte sich Hippenstiel nicht äußern, verwies auf die Pressemitteilung.
Antwort der Niedersächsischen Landesschulbehörde
Am Freitagnachmittag gab es weder auf der Seite des niedersächsischen Kultusministeriums, noch auf der Seite der Niedersächsischen Landesschulbehörde (NLSchB) eine öffentliche Pressemitteilung. Nach einem Anruf versprach die Pressestelle der NLSchB das Zusenden der Stellungnahme. Diese fiel äußerst kurz aus. „Die Schule wurde durch den zuständigen schulfachlichen Dezernenten umfassend beraten, wie der Pflichtunterricht und die Verlässlichkeit mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen sichergestellt werden können. Weiterhin haben wir eine hinreichende Anzahl an Stellen zum kommenden Schuljahr ausgeschrieben. Die Anzahl der Bewerber ist noch nicht befriedigend. Wir arbeiten daran und prüfen darüber hinaus weitere personelle Maßnahmen“, heißt es in der Mitteilung.
Einen Kommentar oder einen Hinweis – wie angekündigt – gibt es zu anderen Schulen nicht.