Kirchenmusiker gesteht im Verfahren wegen Kindesmissbrauchs

Oldenburg/Hannover/Osnabrück - Immer neue Missbrauchsfälle in der Kirche schockierten die Bürger in den vergangenen Jahren. Jetzt steht ein ehemaliger Kirchenmusiker deswegen vor Gericht. Die Kirchen haben das heikle Thema nach eigenen Angaben inzwischen im Griff.
Im Prozess wegen 23-fachen Kindesmissbrauchs hat ein ehemaliger Kirchenmusiker am Dienstag vor dem Landgericht Oldenburg zum Auftakt ein Geständnis abgelegt. Auf Antrag der Verteidigung schloss das Gericht dazu aber die Öffentlichkeit aus und begründete die Entscheidung mit dem Schutz der Intimsphäre von Opfern und Angeklagtem.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Verwaltungsangestellten vor, in 23 Fällen von Anfang 2011 bis März 2012 mehrere Kinder sexuell missbraucht zu haben. In den vier schwersten Fällen gehe es um beischlafähnliche Taten. Der Strafrahmen dafür liegt nach Angaben von Gerichtssprecher Michael Herrmann bei 2 bis 15 Jahren Haft.
Die Kirchen in Niedersachsen haben das Thema sexueller Missbrauch in den eigenen Reihen indes offenbar in den Griff bekommen. Es gebe keine aktuellen Verdachtsfälle von Missbrauch, hieß es in den Bistümern Osnabrück und Hildesheim sowie bei der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Auch die Altfälle seien inzwischen abgearbeitet, sagte Pastor Johannes Neukirch von der Landeskirche. „Wir haben keine neuen Meldungen in 2012“, sagte Heinrich Silies, Missbrauchsbeauftragter der Diözese Osnabrück. Gleiches gilt nach Angaben der Kirchensprecherin Petra Meschede für das Bistum Hildesheim.
Der 47-jährige verheiratete Verwaltungsangestellte war als Leiter des Posaunenchors und Musiklehrer lange Zeit ehrenamtlich in der evangelischen Kirche in Nordenham (Landkreis Wesermarsch) aktiv. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde er entlassen. Er habe sich anschließend freiwillig in eine mehrmonatige stationäre Therapie begeben, sagte Herrmann. Der Angeklagte folgte den Ausführungen des Richters und der Staatsanwältin aufmerksam, vermied aber jeden Blickkontakt mit Zuschauern und Journalisten. Am Donnerstag soll ein Gutachter zur Schuldfähigkeit des 47-Jährigen gehört werden.
Nach dem Missbrauchsskandal Anfang 2010 hatte die katholische Kirche ihre Vorschriften im Umgang mit sexuellem Missbrauch verschärft. Für die Mitarbeiter in der Jugend- und Kinderarbeit ist seitdem ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis erforderlich. Jede Diözese in Deutschland hat eigene Ansprechpartner bei Verdachtsfällen. Die Landeskirche Hannover hat für Betroffene nach wie vor eine Hotline geschaltet. dpa