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40 Meter langes Leinentuch produziert

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Ulrike Westermann, Gerhard Lachmann und Friedrich Meyer am Webstuhl. Der Kulturverein „Stadt.Land.Fluss“ setzte mit dem öffentlichen Weben in Rechtern seine Reihe „Handwerk ist Kultur“ fort. - Foto: Spahr
Ulrike Westermann, Gerhard Lachmann und Friedrich Meyer am Webstuhl. Der Kulturverein „Stadt.Land.Fluss“ setzte mit dem öffentlichen Weben in Rechtern seine Reihe „Handwerk ist Kultur“ fort. - Foto: Spahr

Rechtern - Von Luka Spahr. Weben gehört zu einer der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Auch im Jahr 2016 sitzen Menschen noch am Webstuhl. Mit dem Ehepaar Friedrich und Gisela Meyer sowie einem mehr als 200 Jahre alten Webstuhl wurde dieses Handwerk am vergangenen Wochenende in der Gaststätte „Hibbelers“ in Rechtern vorgeführt. Der Kulturverein „Stadt.Land.Fluss“ setzte mit der zweitägigen Veranstaltung seine Reihe „Handwerk ist Kultur“ fort, die sich vor einigen Monaten bereits dem Korbflechten gewidmet hatte.

Am Samstag und Sonntag ging es nun um das Weben. „Im Zentrum steht auch dieses Mal das Arbeitsgerät und nicht der Verkauf, wie sonst häufig bei anderen Handwerkermärkten“, erklärt die Veranstalterin Ulrike Westermann. Stattdessen waren die Besucher der vom Landschaftsverband Weser-Hunte geförderten Veranstaltung eingeladen, mit den Ausstellern in Kontakt zu kommen und sich auch gerne mal selbst hinter das Gerät zu setzen. Zwischendurch gab es Entspannung bei Kaffee und Kuchen.

Friedrich Meyer am Webstuhl stand für Nachfragen bei den Besuchern gerne zu Verfügung. 1976 war es, als er sich in Syke das erste Mal mit dem Weben bei einem Wochenend-Seminar beschäftigte. Kurz darauf folgte ein Intensivkurs in Engelskirchen bei Köln. Dabei hatte ihn das Weben bereits schon viel früher interessiert. „Ich habe mich schon als Kind für die Verwertung des Garnes interessiert, als ich einmal eine Frau dabei beobachtete“, erklärt der Eydelstedter. Gemeinsam mit seiner Frau Gisela betreibt er heute eine kleine Handweberei in der Gemeinde.

Mit den Händen und den Füßen muss der große Webstuhl angetrieben werden. Das ist Körperarbeit. „Das ist ja eine ganze Fabrik“, hätte mal jemand zu ihm gesagt, als er ihn bei der Arbeit gesehen habe, erzählt Meyer. Und genau so wirkt es auch.

Aus dem Garn wird ein 40 Meter langes Leinentuch gewoben. Dieses wird dann zerschnitten und umgenäht, sodass am Ende zum Beispiel 50 Handtücher daraus werden. Diese kann man bei den Meyers im Anschluss auch erwerben. Gisela Meyer ist für die Gestaltung der Muster und den Vertrieb zuständig, während ihr Mann Friedrich die Bahnen webt.

Doch nicht nur das Weben konnten die Zuschauer sehen. Auch die Produktion des Ausgangsstoffes, des Garns, wurde gezeigt. Während Meyers an ihrem Webstuhl Baumwolle verwendeten, zeigte Elfriede Edler ein kleines Stück weiter, wie aus Schafwolle auch ein Faden werden kann.

Das Spinnen ist bei ihr, wie auch bei den Meyers, ein Hobby. Auch sie hatte bereits in der frühen Kindheit das Handwerk gesehen und gelernt. In den Jahren 1940 bis 1949 habe sie irgendwann damit angefangen, erinnert sich die heute alte Dame.

Mit der Spindel ihrer Vorfahren produzierte sich bis vor kurzem noch Schafwoll-Fäden, um daraus warme Socken zu machen. Heute holt sie das alte Gerät nur noch hervor, um anderen das Handwerk näher zu bringen.

Und an Interessierten mangelte es am Wochenende in Rechtern nicht.

Viele Besucher kamen bei dem Webstuhl und der Spindel vorbei und schauten den Handwerkern über die Schulter.

Gerhard Lachmann aus Barnstorf kam jedoch nicht nur deswegen her. Am Samstag war er schon einmal da, einen Tag später kam er mit einem Stück Stoff.

Auf direktem Wege ging er zu einem kleinen Tisch mit einer Knopfmaschine. Hinter dem Tisch: die neunjährige Sona. Die junge Bremerin hatte erst an diesem Tag gelernt, wie man mit der Maschine den Stoff auf die Knopf-Rohlinge spannen konnte und nahm nun bereits einen Auftrag über zehn Knöpfe von Gerhard Lachmann entgegen. Der Pensionär, der heute eine Pferdekutsche fährt, braucht sie für ein paar alte Kissen.

Für Sona, die im Rechterner Reitverein ist, war das keine Herausforderung. Schnell und mit viel Spaß machte sie die Knöpfe fertig. Am Anfang hieß es bei ihr noch „Den kriegt man ganz schwer hier reingedrückt“, am Ende nur „Das klappt sehr gut“.

Auch wenn die Arbeit mit Wolle, Stoff und Garn vielen als veraltet erscheinen mag: Der Nachwuchs schläft nicht.

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