„Anlassbezogene Gastronomie“

Rechtern - Von Luka Spahr. Da haben sich Ulrike Westermann und Heimo Schulte etwas vorgenommen. Das derzeit noch in Bremen lebende Paar will nun die alte Gaststätte von Westermanns Urgroßvater Friedrich Hibbeler in Rechtern wiederbeleben. Vor 25 Jahren stellte Westermanns Mutter den Betrieb dort ein. Nun soll mit einem neuen Konzept wieder Leben in die Bude gebracht werden. Zu Kaffee und Kuchen soll es in der ehemaligen Kneipe direkt an der Dorfstraße allerlei kulturelle Veranstaltungen geben. Der neue Name lautet „Hibbelers“.
Der Auftakt am vergangenen Wochenende war durchaus gelungen: Bei herrlich sonnigem Herbstwetter zog es viele aus Barnstorf und Umgebung mit dem Rad in das kleine Örtchen an der Hunte.
Wer nicht draußen sitzen wollte, konnte in der kleinen Gaststube bei gemütlichem Ambiente seinen Nachmittags-Kaffee trinken.
Die Kneipen-Atmosphäre ist einem hellen, gemütlichen Raum gewichen. Für einen besonderen Hingucker sorgten Fotografien der polnischen Künstlerin Agnieszka Lucya. Sie ist eine Freundin von Ulrike Westermann und bot spontan an, ihre Ausstellung in die Kaffeestube zu bringen. Lucyas Fotos zeigen dabei vor allem Portrait-Aufnahmen aus Paris, wo die Fotografin einige Jahre gelebt habt. Besonders freute sie sich am Wochenende, als die Menschen bei ihren Aufnahmen genauer hinsahen und näher an die Bilder herangingen. Nur so könne man alle Details erkennen, erklärte Lucya.
Als die Bilder jedoch hingen, widmete sie sich anderen Aufgaben. So half sie zum Beispiel Heimo Schulte in der Küche. Dort wurde neben Kuchen auch Gulasch-Suppe für die Gäste zubereitet.
Die neuen Gastgeber wollen jedoch kein übliches Café in Rechtern betreiben. Ihr Konzept nennen sie „anlassbezogene Gastronomie“. Das kann zum Beispiel so aussehen wie am Wochenende.
Neben der Gaststube, in der Diele, demonstrierte die Keramikmeisterin Marianne Hau aus dem Landkreis Celle ihr Handwerk. Sie sei „direkt von der Idee begeistert“ gewesen, als Westermann sie zu sich einlud. Für Hau ist das Arbeiten mit Ton eine „Herzensangelegenheit“, der sie seit nun 40 Jahren nachgeht. Damals noch als Ausbilderin tätig, widmet sie sich heute anderen Projekten. Nach einer mehrwöchigen Reise durch Tibet im Jahr 1989 wollte sie ihrem Beruf eine kleine Wende verpassen, erklärt die Handwerkerin. Nachdem sie viele Jahre Erwachsene für ihren Beruf begeistert hat, wollte sie sich schließlich den Kindern widmen.
Bei Marianne Hau lernen diese aber mehr, als den ersten Kontakt zum ältesten Baustoff der Menschheit. Sie lernen hier etwas für’s Leben, so Hau. So sage sie den Kindern immer als erstes: „Zeig mir mal deine Hände.“ Nachdem diese leicht irritiert ihre Handflächen nach oben gehalten haben, sagt Rau weiter: „Das sind aber tolle, kräftige Hände. Schau, was du damit alles Tolles machen kannst.“ Und dann wird getöpfert. Die Anweisungen an die Kinder geschehen dabei unter anderem auch in der alten Handwerkssprache. Hau ist wichtig, dass diese alten Wörter aus dem Handwerk bewahrt werden.
Wenn die Kleinen schließlich ihren Topf oder ihre Schale stolz mit nach Hause nehmen, sollen die Eltern nicht etwa fragen: „Was ist das denn?“. Vielmehr sollten sie fragen, wie sie es denn überhaupt hergestellt haben und sich dafür interessieren. Hau möchte den Nachwuchshandwerkern hiermit viel Lebensmut mit auf den Weg geben. „Vergiss nie, dass du etwas kannst – dass du das hier selbst gemacht hast“.
Marianne Hau betreibt damit einen etwas anderen Töpferkurs. Doch der kommt bei den Kindern an. Die Erwachsenen konnten währenddessen einiges von Haus selbst produziertem Geschirr anschauen. In ihrem Atelier in Wietzen gibt es die Tonprodukte zu sehen.
Wenn es nach der neuen Besitzerin Westermann geht, wird es noch viele weitere kulturelle Angebote wie diese in Zukunft geben. So stehen bereits Anfragen an weitere Handwerker für die Reihe „Handwerk ist Kultur“ aus.
Doch neben der Organisation der Veranstaltungen steht nun auch erst einmal der Umzug nach Rechtern für die beiden Bremer an. Das Haus neben der Gaststätte wird gerade für sie renoviert. Bald wollen sie hier einziehen und neben dem Café vielleicht auch ein paar Tiere halten. Nach der Rente einfach nochmal was Anderes machen und das Leben genießen: Das war für Westermann die Motivation, die Gaststätte ihres Vaters wieder zu eröffnen.
Nun befindet sich das neue Kulturzentrum, wie Westermann und Schulte es sich vorgenommen haben, im Aufbau. Ein enger Kontakt zum Barnstorfer Heimatmuseum soll weitere Handwerker und Künstler nach Rechtern bringen.
Die Besucher kommen auch so zahlreich in den kleinen Ort. Die Strecke direkt an der Hunte ist neben den Kanuten auch gut durch die vielen Spaziergänger und Radfahrer besucht.
So kamen am Sonntagnachmittag auch Ursel und Klaus Scheuermann mit ihren Freunden nach Rechtern. Der Fahrradweg aus Barnstorf sei dabei sehr gut zu meistern, versicherten sie. Wie einige der Besucher an diesem Wochenende kennen auch sie das neuen Café noch als Kneipe von damals. Eine Feuerwehr-Kneipe sei es damals gewesen, zu der man gerne mal auf ein Bier oder eine Cola ging.
Nun gibt es statt Bier und Cola vor allem Kaffee und Kuchen. Wird das neue Konzept überzeugen? Zur Eröffnung haben sich Westermann und Schulte auf jeden Fall einen perfekten Herbsttag ausgesucht. Viele Besucher und Passanten zeigten sich erfreut über die neue Attraktion in Rechtern.