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Stefan Rottmann wollte was bewegen und wurde Bürgermeister – mit 25 Jahren. © Stefan Rottmann

Schonungen - von Katrin Roßmann. „Politik ist öde und langweilig!“, „Politik ist nur was für alte Säcke!“, „Was Politiker versprechen, halten die eh nie ein!“ Die Liste der Vorurteile lässt sich ewig weiterführen. Dass Politiker aber auch jung, interessant und mitreißend sein können, zeigt Stefan Rottmann.

Der 25-Jährige ist Politiker – und ein ziemlich cooler Typ. Er ist witzig, sieht gut aus und hat viel Ahnung von Politik. Muss er auch. Denn er ist trotz seines jungen Alters schon Bürgermeister.

Wie es dazu kam? „Ich hatte als Kind zwei Berufswünsche: Baggerfahrer oder Chef im Rathaus.“ Stefan lacht. Mit den Jahren nahm das Interesse für Bagger ab, aber das für Politik wuchs immer weiter. Schon früh engagierte er sich in seinem Heimatort für Umweltschutz. Sein Einsatz beeindruckte die Mitbürger in der bayrischen Gemeinde Schonungen: Bei der Wahl zum Gemeinderat setzte sich Stefan als Newcomer gegen 120 Kandidaten durch und bekam die meisten Stimmen.

Nach der Schule machte Stefan erst mal eine Ausbildung zum Bankkaufmann – „das hat mir auch Spaß gemacht, aber ich merkte, dass ich meine Kreativität in der Bank nicht so einsetzen konnte, wie ich es gern getan hätte.“ Und irgendwann wagte er den großen Schritt: Er kandidierte als Bürgermeister. „Ich hab mir viele Gedanken gemacht, ob ich der Herausforderung wirklich gewachsen bin. Aber was hatte ich zu verlieren? Eine Kandidatur hätte ja keine negativen Folgen gehabt. Wenn’s nicht geklappt hätte, hätte ich nur dazu gelernt, neue Menschen getroffen, meine Rhetorik verbessert und eine neue Erfahrung gemacht.“

Dass es nicht einfach werden würde, wusste Stefan. Zum einen war er jung – jünger als alle Bürgermeister vor ihm. Zum anderen trat er für die SPD an, die in seinem Bundesland ganz klar eine Außenseiterposition einnimmt. Aber Stefan setzte im Wahlkampf auf seine Stärken: „Ich versuchte, den Wahlkampf unterhaltsam zu gestalten. Ich wollte, dass die Leute nicht aus Gewohnheit bei ihrer Stammpartei ein Kreuz machen, sondern mal schauen, was und wen sie eigentlich wählen.“ Dass er gegen etablierte Größen antrat, machte ihm keine Angst: „Wettbewerb ist wichtig“, findet er. „Ohne Wettbewerb müsste sich keiner anstrengen. Und dann gäbe es auch keine Verbesserung!“

Durch den Ort zu gehen und plötzlich an jeder Ecke das eigene Gesicht vom Plakat lächeln zu sehen, war dann aber doch verrückt: „Plötzlich wurde ich überall erkannt und angesprochen.“ Aber das war ihm recht, denn er wollte mit möglichst vielen der 8.000 Bürger seiner Gemeinde ins Gespräch kommen. Dafür zog er auch von Haus zu Haus und klingelte bei den Leuten, um sie von sich zu überzeugen. Zu den Jüngeren fand Stefan schnell einen Zugang, die Älteren waren eher skeptisch. „Ich bekam immer mal wieder zu hören, dass ich untauglich wäre und keine Chance hätte“, schmunzelt Stefan. Davon ließ er sich aber nicht abschrecken.

Am Tag der Wahl schnappte er sich sein Telefon und mobilisierte noch mal alle Freunde und Bekannte. „Ich wusste, dass viele in der Nacht zuvor gefeiert hatten und wollte nicht riskieren, dass sie einfach vergaßen, zur Wahl zu gehen.“ Und es kam tatsächlich auf jeden Wähler an: Stefan gewann mit drei Stimmen Vorsprung! Die Wahl sorgte nicht nur in Bayern für Aufmerksamkeit. Die Tatsache, dass ein so junger Kerl aus der SPD Bürgermeister wird, war viele Schlagzeilen wert.

Stefan wirkt souverän und selbstbewusst, er gibt aber zu, dass auch er am Anfang weiche Knie und Lampenfieber hatte. „Das Amt ist mit viel Verantwortung verbunden. Ich wollte den Bürgern zeigen, dass sie den Richtigen gewählt haben.“ Besonders die ersten Tage im Rathaus waren aufregend – plötzlich war Stefan Chef von 60 Mitarbeitern. „Ich führte erst mal viele Gespräche und hörte mir Wünsche und Ideen an.“

Und nach kurzer Zeit legte sich das Lampenfieber. „Die Arbeit ist machbar“, findet Stefan heute. „Wir haben tolle Mitarbeiter, und wenn man sich anstrengt, findet man immer einen Weg.“ Als Bürgermeister hat er viele Möglichkeiten, die Weichen zu stellen, damit die Gemeinde sich so entwickelt, wie er es sich wünscht. Stefan leitet Gemeinderatssitzungen, nimmt an Bürgerversammlungen teil, bietet Sprechstunden an, geht auf Geburtstage, dazu kommt jede Menge Post, die er persönlich beantwortet... „Langweilig wird es nie“, grinst er. Das Interesse am Bürgermeister ist groß.

Hat man als Bürgermeister eigentlich auch bessere Chancen bei Frauen? „Ich bin glücklich vergeben, und das wissen hier alle“, lacht Stefan. „Aber ich glaub auch nicht, dass das Amt so große Auswirkungen hat. Ich bin ja immer noch der Gleiche wie vorher.“

In seiner Freizeit joggt er gerne, geht feiern oder ins Kino, unternimmt was mit Freunden – „es gibt keinen großen Unterschied zwischen mir als Privatperson und als Bürgermeister.“

Natürlich gibt’s auch stressige Tage, und manchmal ist Stefan von langatmigen Diskussionen genervt. Als Bürgermeister hat er gelernt, dass er es nicht allen recht machen kann. „Wenn man ein Ziel verfolgt, dann macht man sich nicht nur Freunde. Das muss man akzeptieren.“

Aber es gibt auch viele schöne Momente. „Vor einiger Zeit war ich beim Geburtstag einer 80-Jährigen, die mir im Wahlkampf tatsächlich die Tür vor der Nase zugeschlagen und gemeint hatte, sie wolle mich als Bürgermeister auf keinen Fall. Jetzt saßen wir zusammen, wir spielten ,Mensch ärger Dich nicht’ und verstanden uns prächtig. Das war schön!“

Stefan über Vorurteile

Vorurteil 1: „Politik ist öde und langweilig!“

„Das stimmt absolut nicht! Schließlich ist alles im Leben Politik. Sie betrifft jeden von uns. Und jeder hat die Chance, politisch mitzumischen.“

Vorurteil 2: „Politik ist nur was für alte Säcke!“

„Warum das denn? Politik ist wahnsinnig vielfältig. Und ganz viele Aspekte haben Auswirkungen auf unsere Gegenwart und Zukunft. Und das betrifft ja am meisten die, die heute jung sind. Gerade auf kommunaler Ebene kann sich jeder engagieren, der eine Idee hat, motiviert ist, sich einbringen möchte und ein bisschen Mumm hat. Unsere Politik braucht definitiv (mehr) junge Menschen!“

Vorurteil 3: „Politiker labern doch immer nur und verändern nix!“ 

„Das stimmt vielleicht leider manchmal. Politiker können meist gut und lange reden. Aber zum Teil ist es auch einfach so, dass die konkrete Umsetzung von Zielen Zeit und Mut braucht. Und einige denken zu sehr an ihre Wiederwahl und wollen sich lieber keine Feinde machen.“

Vorurteil 4: „Vor der Wahl wird viel versprochen – eingehalten wird am Ende wenig.“ 

„Das stimmt so nicht. Schließlich möchte ein Politiker ja was verändern und verbessern. Man hat ein Bild im Kopf, dem man Schritt für Schritt näherkommen möchte. Manchmal drohen gute Ideen am Geld zu scheitern, aber dann muss man eben kreativ sein.“

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